• Nur keine Axt haben

    Im alten Babylon hatte bekanntlich jedes Haus seinen eigenen Gott, und irgendwie fuehlt man sich nach einem Umzug ja sowieso immer wie im Exil, daher war es nur passend, dass mein neues Domizil (Mietshaus in der Soldiner, falls mal jemand besuchen kommen will) zwar keinen -gott, aber einen Hauspsycho hatte, der schon in der zweiten Nacht um eins die Wohnungstuer eines angefehdeten Nachbarns mit einer kleinen Axt einschlug, um anschliessend einem unschuldigen, nur zufaellig Heimkehrenden dann ganz unverbindlich ‘einen O-Saft hinten bei mir’ anzubieten. weiterlesen »

  • Mit dem Klischeekoffer durch den Security-Check – Japan #2

    Wir wohnen in Hiroo, nahe der Station Ebisu im Distrikt Shibuya. Shibuya (rund um die Shibuya-Station) ist ziemlich genau das, was einem in den Sinn kommt, wenn man an Tokio denkt. Hiroo hingegen ist eine Wohngegend. Enge Gassen, winzige Haeuschen. Kaum Autoverkehr, eine beschauliche Einkaufstrasse, einige Botschaften, ein Tennisclub, zwei Unis, internationale Schulen. Kurzum, eine Gegend in der man leben moechte, in der man leben kann (wenn man das Geld dafuer hat). Ich bin irritiert. Ich hatte erwartet, dass es wesentlich schwerer werden wuerde, gegen das New York-Gefuehl (alles ist genauso, wie man es sich vorstellt) anzukaempfen. Doch Tokio macht es mir sehr leicht. weiterlesen »

  • Auf den Frosch gekommen

    Mein erstes Aquarium erfuellte keine der Bedingungen, die man gewoehnlich an ein Aquarium stellt. Es bestand aus einem Ein-Liter Einweckglas. Heute, da es solche Glaeser nicht mehr gibt, waere ein grosses Gurkenglas die Entsprechung. Das fuellte ich mit Teichwasser. Auf den Boden kamen Sand und ein paar Kiesel. Eine Wasserpflanze war schwer in der aufrechten Position zu halten. Alles kam aus einem Teich und sollte den Tieren vorspiegeln, sie lebten bei sich zu Hause. Sie sollten sich wohlfuehlen.
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  • Klima egal, Demokratie kaputt

    Der Gipfel in Kopenhagen ist vorbei. War er ein Erfolg oder eine Niederlage? Das kommt darauf an, wie man die Sache betrachtet. Vielleicht war es doch ein Erfolg. Es duerfte nun auch endgueltig den letzten Naiven und Leichtglaeubigen klar geworden sein, dass die Industrielaender kein Interesse an einer Loesung haben. “Waere das Klima eine Bank, ihr haettet es laengst gerettet”, bemerkte Venezuelas Praesident Chavez in seiner ersten Rede. Von der klaren Position der ALBA-Staaten auf dem Gipfel war auch in der deutschen Presse so gut wie nichts zu lesen. weiterlesen »

  • Jahresrueckblick des Grauens

    Ich hasse Jahresrueckblicke, Charts und schriftliche Ansammlungen obskurer persoenlicher Hoehepunkte. Und dies bei weitem deutlicher und unnachgiebiger, als die Laborkreuzung von Pest, Cholera, Typhus und regelmaessigem fruehen Aufstehen zusammen. Das ist nun ein recht viel versprechender und fruehlingshaft-milder Einstieg in einen Text, der von mir als oeffentliche Absonderung zu besagtem Thema, seitens der geneigten Redaktion, verlangt wurde. weiterlesen »

  • Vertrauen kann man nicht kaufen

    In einer von Christoph Martin Wieland im 18. Jahrhundert popularisierten Redewendung heisst es Man sieht den Wald vor lauter Baeumen nicht. Koennte es sich angesichts der Weltwirtschaftskrise um ein aehnlich gelagertes Problem handeln? Mehr als ein Jahr nach dem Ausbruch der Krise ist sie inzwischen so verbreitet, dass man aufgehoert hat, sie bewusst wahrzunehmen. Omnipraesenz waere in diesem Fall eine bestimmte Form der Absenz. Etwas, das omnipraesent, beziehungsweise so sehr praesent ist, dass es schon wieder absent erscheint, draengt keine Fragen auf, zumindest nicht direkt. Der Alltag geht weiter. So als waere nichts geschehen. Und doch: Konnte man in diesem Jahr nicht spueren, wie sich Alltaeglichkeiten auf neue Weise zuzuspitzten begannen? weiterlesen »

  • Mein Tsunami

    Mein Mann Andreas Dammertz und ich sind seit zehn Tagen in Flitterwochen auf den Malediven, auf der Insel Digufinolu. Die Insel ist schoen, 400 Meter lang und 60 Meter breit. Es gibt hier kleine Bungalows sowie ein Haus mit zwei Stockwerken. Neben der Insel Digufinolu gibt es zwei weitere Inseln, die ueber einen Steg erreichbar sind. Unser Urlaub endet am 27.12.2004. weiterlesen »

  • Die Katzen von Plovdiv

    Why Bulgaria?, fragt ein blondes Maedchen mit neugierigen Augen. Im Bus nach Plovdiv sitzen wir nebeneinander. Sie ist neugierig geworden, nachdem sie gemerkt hat, dass ich kein Bulgarisch spreche. Because I like to travel to countries which are no tourist hotspots. Es scheint ungewoehnlich zu sein, im Maerz Touristen im Landesinneren anzutreffen. Die liegen doch sonst nur im Sommer am Goldstrand. Sie kann es nicht verstehen. Sie studiert Wirtschaft, hat aber Angst um ihre Zukunft. Im Ausland war sie noch nie. Nach einer zweistuendigen Busfahrt verabschieden wir uns. weiterlesen »

  • McDeutsch in Japan

    Andere Laender zu besuchen, zu bereisen oder zu seiner Wahlheimat zu machen, ist ein alltaegliches Phaenomen unserer Zeit. In Zeiten von selbstverstaendlich gewordener Mobilitaet und Migration gilt Englisch als Lingua Franca. Was aber passiert im Zuge dessen mit anderen Sprachen? Werden sie verdraengt oder veraendert? weiterlesen »

  • Im Wortflow

    Das Wort Aquarium ist ja viel zu harmlos und verkennt die Tatsache, dass dort Lebewesen drin sind, Tiere und Pflanzen. Eigentlich muesste man ja zu diesem Ding sagen: eingesperrte-Fische-in-einem-mit-Wasser-gefuellten-Glaskasten. Nun, die Tatsache, dass Menschen ein Aquarium als Wohnzimmerdekoration oder als Objekt im Wartezimmer betrachten wollen, hat ein lange kulturgeschichtliche Tradition. Man kann sie sicher auch auf die Weltausstellungen zurueckfuehren – auf das Zur-Schau-Stellen des Fremden, Exotischen, auch des Gefaehlichen. weiterlesen »

  • Du Kolumbus, ich Jane – Japan #1

    Vor zwei Tagen hat Japan offiziell begonnen, denn wir haben einen Adapter für die dortigen Steckdosen und sind gewappnet für die Reise ans andere Ende der Welt (Zitat Mama). Krystian Woznicki und ich sind eingeladen, das Projekt McDeutsch an der Hokkaido University vorzustellen. Der Adapter ist wichtig, denn ohne Strom kein Netbook, ohne Netbook kein Reisetagebuch, ohne Reisetagebuch keine Reise, oder? Doch will ich meine Gedanken und Fotos eigentlich sofort online stellen, wie es Freunde und Familie fordern? Ist bloggen von einem anderen Ort aus nicht einfach nur bloggen von einem anderen Ort aus? Wie sieht Reiseliteratur im 21.Jahrhundert aus, wenn es erstens: Nichts mehr zu entdecken gibt und zweitens das Internet überall das Gleiche ist? weiterlesen »

  • Not In Our Name, Marke Hamburg!

    [Ein Manifest von Ted Gaier, Melissa Logan, Rocko Schamoni, Peter Lohmeyer, Tino Hanekamp und Christoph Twickel für die Not in Our Name, Marke Hamburg-Initiative]

    Ein Gespenst geht um in Europa, seit der US-Oekonom Richard Florida vorgerechnet hat, dass nur die Staedte prosperieren, in denen sich die kreative Klasse wohlfuehlt. Cities without gays and rock bands are losing the economic development race, schreibt Florida. Viele europaeische Metropolen konkurrieren heute darum, zum Ansiedelungsgebiet fuer diese kreative Klasse zu werden. weiterlesen »