• Balzac weiterlesen

    Die letzte Ausgabe aller Romane Balzacs in deutscher Sprache erschien 1998, vor zehn Jahren also und verkaufte sich offenbar schlecht. Ich erinnere mich, wie ich gegen Ende meines Komparatistik-Studiums beim groessten ortsansaessigen Buchhaendler um den leuchtend ausgestellten Monolithen dieser Gesamtausgabe herumgeschlichen war – und sie ob ihres Preises dann damals doch nicht erstand. weiterlesen »

  • Ideenverkaeufer

    Kein Anschluss unter dieser Nummer. Sie sendet nur. Vor wenigen Tagen habe ich eine CD nach Bestellung erhalten, die den Titel Starke Stimmen gegen Rechts – Demo Tape traegt. Diese CD wird nicht verkauft, sondern verteilt. weiterlesen »

  • Lesestipendium: Im Gleichgewicht mit der WELT

    Seit kurzem komme ich in meiner Bedarfsgemeinschaft in den “Genuss” eines kostenlosen Abos der WELT. Wie das? Mein zweifelhaftes Glueck verdanke ich dem Lesestipendium. Da bewirbt man sich und bekommt Monate spaeter einen Brief, der darueber informiert, dass die Reifenfirma soundso in Ostfriesland ab sofort dein Maezen ist und dir eine Zeitung spendiert. weiterlesen »

  • Integralrechnung der Exklusivitaet

    Das Abstrakte wird gerne kulturkritisch verdaechtigt, die sozialen Bande zu durchtrennen und alle Beziehungsverhaeltnisse der Logik des Tauschwerts zu unterwerfen. So als ob die sozialen Bande von Familien und feudalen Ordnungen nicht selbst schon abstrakt genug waeren und die Konkretheit von abhaengigen Nahverhaeltnissen etwas irgendwie Besseres darstellen wuerden als die Tauschwerte. An ihnen weiss man wenigstens, was man hat. Insofern hat Dietmar Dath zweifellos Recht, dass es auf genau die Bande[n] ankommt, die solche Konkretheit ueberschreiten helfen. weiterlesen »

  • Demokratie. Nur noch.

    Frueher mal war Demokratie eine Veranstaltung fuer maennliche Stadtbewohner mit Geld, heute sind wir alle dabei und gefragt. Es scheint also mehr dem Zufall oder einer Form von Bequemlichkeit geschuldet, dass die moderne Demokratie heute noch eben diesen Namen traegt. Aber der Schein truegt: Volksherrschaft ist ja nicht ganz falsch, zumindest nicht als Anspruch an die Politik. weiterlesen »

  • Gemeinsam durchmachen

    Taten also, nicht Gedanken verbinden Menschen eher – sagt Dietmar Dath und das ist in der Tat eine schoene Umschreibung fuer das, was bei den Projekten meiner Performance-Gruppe Rimini Protokoll oft passiert: dort finden sich die unterschiedlichsten Menschen ein, die alles, was sie von ihren Leben oder ihren jeweiligen politischen Position erzaehlen, eher trennt als eint. Es ist mir immer ein schoenes Gedankenexperiment mir vorzustellen, wie diese Menschen – ohne sich zu kennen – mit einander in dem Grossraumwagen eines ICEs aussehen wuerden, wie scheel die Blicke waeren, wie laut das Echauvieren, wie heftig der Zungenschlag oder das unglaeubige Gaffen. In den wenigsten Faellen wuerden sie sich aber oeffnen und miteinander ein Gespraech fuehren, Gedanken austauschen. weiterlesen »

  • Ohne Wirkung?

    Literatur erleben, kein Problem. Nicht nur im stillen Kaemmerlein, sondern in Kaffees und Klubs, auf Lesebuehnen und Festivals, als unmittelbaere Begegnung mit den Autoren. Oder auf Webseiten, wo ueber Literatur geschrieben wird, ueber Literatur als Erfahrung. Je groesser das Angebot, desto groesser ein Fragezeichen, das einfach nicht raus will, aus meinem Kopf: Warum gibt es all das nicht auch fuer Philosophie? weiterlesen »

  • Globalisierungskritik, wie weiter? Antwort #48

    Wenn ich ganz kurz sagen sollte, um welches Thema mein Interesse an der sog. Globalisierung kreist, dann waere dies die Frage, welche Wirkungen Globalisierung auf kleinere Kulturen und Sprachen und hinsichtlich unserer individuellen Identitaetsbildung entfaltet. Konkret: Wir sind im Zuge der Globalisierung allen moeglichen Einfluessen ausgesetzt. Wie gelingt es uns, uns das Fremde bzw. Andere anzuverwandeln? Wie gehen wir (als Individuen und als Kollektive) mit rasant zunehmender Beschleunigung bei gleichzeitiger Verdichtung von kulturellen Prozessen um? Wie veraendert das hochkomplexe und in sich gespannte Buendel von Entwicklungen, die wir nun Globalisierung nennen, unsere Wahrnehmung, unsere Sprache und Begriffe, unser Herangehen an die Welt? weiterlesen »

  • Solariumgebraeunte Blutsauger

    Es war im Oktober des letzten Jahres. Ich musste mir einen Nebenjob suchen, um mir wenigstens etwas zu Essen kaufen zu koennen (schnief). Lange suchen musste ich nicht. Nach ein paar Bewerbungen auf blauen Dunst, einem von mir abgelehnten Angebot, in einem Discounter hinter der Wursttheke zu stehen, hatte nicht ich den Nebenjob gefunden, sondern er mich. weiterlesen »

  • Stillhalter und Katastrophenjunkies

    Zum Thema 68: Hallo!? Ist es vielleicht noch nicht angekom- men, dass de facto eine Generation existiert, die erleben musste, dass all das, was an wirtschaftlicher Sicherheit und Verlaesslichkeit, was an staatlich vereinbarter Absicherung, an allzeitiger Verfuegbarkeit und Machbarkeit, vorhanden war, in Frage gestellt, wenn nicht sogar abgeschafft wurde? Diese Generation, die erkennen musste, dass alles, was als selbstverstaendlich galt, nichtig ist. Sie lernte zwangsweise Verzicht kennen und sie muss sich immer noch von diesem Schock erholen. weiterlesen »

  • Auf die Pauker gehauen

    “Die Bildungsmisere steckt in uns selbst” kommentierte FU-Praesident Lenzen vor einigen Tagen munter im Tagesspiegel. In einem verbalen Rundumschlag kritisierte er Kritik und Kritiker des deutschen Bildungssystems und sprach die (ohnmaechtig) Bevollmaechtigten, namentlich Politiker und Bildungswissenschaftler, von jeglicher Verantwortung frei. Mit der Plastikphrase blosser “Organisationsentscheidungen”, welche kaum Auswirkungen haben koennten, wischte Lenzen jede Forderung nach lang vermisster Gestaltungs- und Reformkraft der Politik mit leichter Hand bei Seite. Die, so die UNESCO, “schweren Fehlentwicklungen” deutscher Bildungsstrukturen haetten eine ganz andere Wurzel. weiterlesen »

  • Die Superkonfirmanden

    Seine glatten schwarzen Haare sind gestriegelt, das rote Hemd steckt akkurat in der dunklen Anzughose. Wuerde der Neunjaehrige nicht auf der Buehne stehen, koennte man meinen, er ginge zu seiner Kommunion. Dann faengt er an, ins Mikro zu roehren und jeder Gedanke an die Kirche verfliegt. weiterlesen »