Geschrieben am 17. Mai 2014 von für Carlos, Crimemag

Carlos

carlos41

Carlos goes South

– und entdeckt im Süden unseres Sprachraums Dinge, die in „Game of Thrones“ nördlich der Mauer beheimatet sind:

Aktuelle Spannungsliteratur:

  • Dirndl Porno
  • Hendlmord
  • Der Himmel über Garmisch
  • Bayrisch Kongo
  • Weißbier im Blut

Kann es sein, dass man es im Südosten der Republik noch einen Hauch verdorbener ist, es versudelter und ehrvergessener treibt als die elende Grimmiszene ohnehin?

Offenbar ja.

Und woran mag das liegen?

Ich behaupte am bajuwarisch, Tiroler, italisch, großdeutschen Bergbazi aller Klassen: Luis Trenker (siehe hierzu Alf Mayers Blutige Ernte).

trenker_bergIch kenne ihn aus meiner Kindheit als dauergrinsenden Alpenschrat quer durch alle Unterhaltungsformate, als Werbesenner für Speick-Seife (wir werden unten sehen, warum er das tat), in meiner Erinnerung hat er auch gejodelt, aber das konnte ich auf die Schnelle nicht verifizieren. Früher, vor meiner Zeit, war er (Berg)schauspieler, (Berg)filmemacher, Bergdichter, vor allem aber ein grausig dummer Nazibrocken, auf Wikipedia erstaunlich milde beurteilt, grade die braune Pampe in seinen Büchern hätten seine Ghostwriter auf dem Gewissen.

Na ja, er hat schon mitgetan.

Vor mir liegt sein Werk: „Helden der Berge“, Erstausgabe von 1935, letzte Woche aus einem öffentlichen Bücherregal geklaut. Das Kapitel „Der Feuerteufel Josef Speckbacher“ möchte ich vorstellen. Es handelt sich um einen Text, der … Ich … Was soll man da sagen … Ein irrer Text. Es ist ein böser Text. Ein Anschlag, das trifft es am ehesten. Ein Anschlag, doch. Auf alle guten Sitten.

heidiZunächst: Die Bezeichnung „Feuerteufel“ bedeutet bekanntlich „Brandstifter“, Speckbacher ist aber gar keiner. Gemeint ist wohl der draufgängerische „Feuerkopf“. Die erste Verwechslung bereits im Titel. Zweitens variiert Alpengott Trenker immer wieder zwischen den Namen „Speckbacher“ und der Koseform „Spöck“. Hiermit ist die Seife erklärt.

Drittens aber dreht Trenker während der Abfassung des Meisterwerks durch, volle Milchkanne.

Folgende Taten vollbringt Spöck:

Als junger Tiroler Bursch wird er im Berg von einem Bären in den Arm gebissen, er tötet den Bären mit seinem Taschenmesser.

Kurz darauf wird er von drei Bayern ergriffen, die ihn wegen Wilderei füsilieren wollen. Er bittet sie, sich noch einen Teigfladen in heißem Schmalz ausbacken zu dürfen, bevor sie ihn töten, sie willigen ein. Den ersten übergießt er mit siedendem Schmalz, der zweite wird vom heißen Fladen erstickt, der dritte kriegt die Bratpfanne über den Schädel.

Napoleon_zu_Pferde_wiki

Napoleon zu Pferde (S. Meister, 1832, Öl auf Leinwand, Städtisches Museum Simeonstift Trier), wikimedia commons

Den Rest seines Lebens verteidigt er Tirol gegen die Franzosen des verhassten Napoleon:

Er verfolgt und erlegt alleine dutzende fliehende Franzosen. Er erschießt weitere der Bösen, obwohl er im Bajonettkampf schwer verwundet wurde, denn die Barbaren hatten die Kirchlein geräumt und die heiligen Dinge an die Juden verkauft. Da muss man schon mal die Zähnerl zusammenbeißen.

Tage lang verbringt er „viele Stunden“ im eiskalten Inn, um den Fluss zu stauen und einen Haufen Franzmänner zu ersaufen. Es gelingt ihm. Ebenso gelingt ihm die Auslöschung eines ganzen Bataillons durch von ihm entworfene Steinlawinen. Er wird pausenlos beschossen, sie schießen ihm das Sträßerl vom Hut, gar ein Loch in diesen, der Spöck lacht nur und kämpft weiter.

Als es ganz hart auf hart kommt, kämpft er gar sechzehn (!) Tage am Stück und zwar jeweils vierundzwanzig Stunden. Er sei ganz weiß und durchsichtig gewesen, lallt Trenker an dieser Stelle, denn es muss ihm und den seinen mindestens ein Liter Enzian per Saukopf die Birne vergiftet haben, ein solches Lügengebäude auch noch frech zu Geld zu machen. Und ich denke auch, dass Luis mehr als ein Johannistropfen in die Krachlederne entströmte, zu sehr homoerodelts kryptogletschrig klammklemmig.

Luis_Trenker_Helden_der_BergeWeil Spöck den Franzosen verständlicherweise mächtig auf den Sack geht, wird er gejagt. Er flüchtet zunächst mit gebrochenem Fuß, schließlich mit zusätzlich gebrochener Hüfte in die Berge. Er versteckt sich sechs Tage in einer Eishöhle, sechs Wochen in einer Grube im eigenen Kuhstall auf Stroh und Jauche. Dann zieht der Franzose ab, Spöck wird gesund, dann stirbt er aber doch, was er völlig in Ordnung findet, weil Tirol frei ist.

Und damit sind natürlich in den Ostalpen frühzeitig alle Schamgrenzen ablaviniert und dem Enzianischen, das sich uns oben in den neueren Titeln zeigt, ist Tor und Tür geöffnet. Und zwar in einem Maß, das sich nur aus sich selbst tautologisch und ewig wie sonst nur das Alpenmassiv erklären lässt: Eine Maß halt. Noch eine. Und noch eine. Und bittschön an Enzian!

Carlo Schäfer

Mehr von Carlos gibt es hier. Und zu seinem eBook Tod dreier Männer bei CulturBooks.