Herbstgedicht
Der Sommer war ja nicht sehr groß, aber dafür ist er auch vorbei. Zeit für Melancholie, Zeit für Carlos:
Jetzt fängt es ja bald wieder an tüchtig zu herbsteln und die üblichen Texte werden mal mindestens durch ein paar tausend Klassenzimmer geprügelt.
Herr Rilke erläutert, dass man nun kein Haus mehr bauen kann, was ich ehrlich gesagt nie so ganz verstanden habe, ich denke grade im grimmen Winter ist ja ein Haus zu haben das Allerverkehrteste nicht, Meister Hesse weint stramm vor sich hin, es sei seltsam im Nebel zu wandern, weil man dann ganz allein ist, buhuhu … Selbst Stalinist Hacks hat in Sachen „bunte Blätter“ mitgedichtet, wobei die allermeisten Blätter keineswegs bunt sind, sondern eher wie bedenklicher Säuglingsstuhl aussehen.
Ich glaube, der Herbst ist die am meisten mit Pathos aufgepumpte Jahreszeit, die allgegenwärtige Analogie zum herbeigebibberten Lebensende macht’s wohl. Im Winter sind wir dann wieder irgendwie entspannter, außer in der sog. „Weihnachtszeit“.
Also möchte nun auch ich ein hammersentimentales Herbstgedicht schreiben. Und los geht’s:
Die Schwalbe plustert ihr Gefieder
und träumt Transit nach Afrika.
Die Tabakspfeife schmeckt nun wieder,
die sommers uns zu hitzig war
Oh güldner Herbst! Du Zeit der Fülle!
Zeit auch das Ende nah’n zu seh’n!
Ich gieß den Kaffee aus der Tülle,
danach heißt’s nochmal raus zu geh’n.
Noch bist du wundersam versteckt!
Man sieht am Morgen dich im Wald,
als hättest du das ausgeheckt!
Und abends wird die Stube kalt.
Ich lege Ähre, Apfel, Quitte
in meinen alten Binsenkorb.
Die Frau mit amputierter Titte
sie grüßt am Zaun, sie heißet Horb.
Ich grüß’ zurück und geh ins Haus.
Das Haus, es will mich überraschen,
denn mit der Katze ist es aus.
Die hab ich leider mitgewaschen.
So ist der Herbst Verlust und Ernte
und Gott sei Dank ist Eva tot,
die ich im Herbst einst kennenlernte,
ganz langsam werden Blätter rot …
Also ich weiß nicht, vielleicht doch etwas unpathetisch. Aber egal.
Carlo Schäfer
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