Geschrieben am 3. September 2011 von für Carlos, Crimemag

Carlos

Grimmis als Event! Klar, das ist der rechte demokratische Umgang, keine Barrieren, Kunst für alle, jeder weiß was, alles ist Meinung. Carlo, der unbestechliche Chronist kriminalliterarischen Wahnsinns, hat ein erstaunliches (auch sprachlich!) Dokument gefunden:

Namen, Ort geändert, Hervorhebungen von mir, ansonsten alles echt und immerhin acht Jahre her – aber springt einen das Elend unserer Zunft nicht aus jeder Zeile an? War es also immer schon so, wie es immer bleiben wird? Und warum will jemand einen dicken Roman, den er sich „in kurzer Zeit“ durchgelesen hat, auch noch leihen? Herr, lass den Herbst auf die Flure:

Die Spuren führen direkt in die Bibliothek

1. Brandheimer Lesenacht im Schulzentrum beschäftigt sich mit Kriminalromanen

Von unserer Mitarbeiterin Angelika Geibel

Brandheim. Ganz unter dem Krimi-Motto stand die erste Brandheimer Lesenacht. Eine Lesenacht für Kriminalfreunde zu veranstalten, hatte nach der Veröffentlichung der PISA-Studie Stadtbibliothekar Tobias Torte. Da sich nicht nur die Jugend zu Lesemuffeln (sic!) entwickelt habe, sondern auch die Erwachsenen immer seltener zum Buch griffen, wollte er die Lust am Buch wieder wecken. Da neben Liebesromanen gerne Krimis gelesen werden, war auch schon das Konzept zur ersten Brandheimer Lesenacht fertig.

Freitagabend nach 20 Uhr. Nieselregen und dichter Nebel hängt über Brandheim, die Straßen sind wie leer gefegt, nur die Stadtbibliothek im Brandheimer Schulzentrum ist noch hell erleuchtet. Dunkle Gestalten bewegen sich vom Parkplatz zum Eingang und folgen den auf dem Boden aufgeklebten Fußspuren ins Innere. Im Foyer flackern Kerzen und verbreiten eine geheimnisvolle Stimmung, überall hängen Spinnweben, als wäre seit vielen Jahren hier niemand mehr gewesen. Aus einem angrenzenden Raum ist der „Kriminaltango“ zu hören, der von vier undurchsichtigen Gestalten gesungen und getanzt wird. Plötzlich knallt ein Schuss durch die Stille. Eine Leiche ist nicht aufzufinden. Die gibt es nur in dem vom Heidelberger Autor Carlo Schäfer vorgelesenen Roman.

Büchereileiter Tobias Torte gewann schnell den Leiter der Musikschule Dieter Dolsch für sein Projekt. Denn: „Musikalisch wurde zu Krimis auch einiges geschrieben, wie ,Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett‘ oder viele Tatorttitelmelodien.“ Auch Roger Oger von der Volkshochschule musste Torte nicht allzu lange bitten. Als Vierte im Bunde kam noch Ulis Bücherstube hinzu. „Nach den Lesungen wollen viele gleich die Bücher kaufen und sie nicht erst ausleihen“, war die Überlegung.

Fehlte nur noch ein kompetenter Autor. Den fanden die Veranstalter in dem Heidelberger Schriftsteller Carlo Schäfer, der mit seinem in der Stadt am Neckar spielenden Krimi einen Bestseller bereits in dritter Auflage erzielte. Und wenn vier von einer Idee begeistert sind und dann auch noch am gleichen Strang ziehen, dann kann eine Veranstaltung nur ein Erfolg werden. 150 Krimi-Liebhaber kamen zur ersten Kriminacht und lauschten gebannt der sonoren Stimme des Autors. Sie lachten über den skurrilen Kommissar mit seinen Eigenarten und staunten über den scharfen Verstand der jungen hübschen türkischen Staatsanwältin.

„Der Roman ist so spannend, dass ich mir das Buch gekauft habe“, gestand ein Besucher. Wer lieber in aller Ruhe schmökern wollte, der fand ein stilles Plätzchen in der Bibliothek. Mit dem Krimi „Die Rückkehr des Tanzlehrers“ beschäftigte sich der Brandheimer Igor Kuttermann. Innerhalb kurzer Zeit hatte er sich bereits durch das dicke Buch gelesen. „Henning Mankell ist mein Lieblingsautor“, gestand er. Jetzt überlege er sich, ob er das Buch ausleihen solle. Er sei zu dieser Veranstaltung aus reiner Neugierde gekommen und jetzt „total begeistert“.

Eine weitere Besucherin beschäftigte sich mit einer Biografie von E.T.A. Hoffmann. „Ich habe in die Lesung hereingehört, sie hat mir nicht zugesagt„, meinte sie. Dennoch fände sie die Idee großartig und werde auch zur nächsten Veranstaltung kommen. Sehr zufrieden zeigte sich Tobias Torte: „Wir werden im nächsten Jahr wieder eine Lesenacht unter einem anderen Thema veranstalten, vielleicht werden wir dann Autorinnen einladen„, überlegte er.

So, normalerweise käme jetzt der Teil, wo ich noch ein bisschen Scheißdreck dazuschreibe, aber ich hab einfach keine Lust mehr – dieser ganze Dreck, sonore Stimme, Kriminaltango, Pisa-Studie … fuck it!

Carlo Schäfer

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