Geschrieben am 19. Dezember 2009 von für Crimemag, Kolumnen und Themen

Carlos Krimischmiede

Weihnachten bei Carlo

Folgen Sie auch heute wieder Carlo Schäfer in seine Krimischmiede, in der er alle 14 Tage auf dem Wahnsinn der Welt herumhämmert, auf dass die Funken sprühen. Aber heute ist alles anders: Bald ist Weihnachten, legen Sie schon mal das Taschentuch bereit, denn Carlos Weihnachtsgeschichte ist soooo schön …

Die Weihnachtszeit ist und bleibt die schönste Zeit des Jahres. Jeder weiß es und jeder ist in den Wochen und Tagen vor dem Fest in einer frohen, seligen Erwartung, die sich dann während des Festes in ein tiefes strömendes Glück verwandelt, das weit über die Festtage hinausträgt.

Das gute Essen, die vielen freundlichen Gespräche, der Pulverschnee, der uns erlaubt, knuffige Schneemänner zu bauen und eines Tages, da werd’ ich’s mich trauen:
Zwei Schneemänner, der eine fickt den anderen Doggystyle mit einem riesigen Rettich.
Aber davon wollte ich ja gar nicht reden!

Sondern von meinem herrlichen Fußballteam! Von Großartigen Männern aus verschiedenen Berufen, sogar der ein oder andere Ausländer – beispielsweise Jim Stiletto aus New York, Jeff Humerbauer aus Bayern und Amerika, der fabelhafte Schiffskapitän Lech Kwisikowski, um nur die drei zu nennen.

Auch in der herrlichen Vorweihnachtszeit können und wollen wir Männer nicht von unserem heiligen Montagabend lassen! Das Wochenende gehört der Familie, natürlich. Da wird der Frau beim Plätzchenbacken geholfen, logisch! Dem Kind werden Geschichten vorgelesen und man singt stundenlang – darüber hinaus gibt es ja auch Männerarbeit: Konstruktionspläne für das Lebkuchenhaus, Fällen des Baumes, und Schlitten, Schlittschuhe, Skier wollen ja auch auf Vordermann gebracht werden! Aber am Montag, nein, am Montag, da spielen wir Fußball. Froh und glücklich, dass
1.     es diesen fabelhaften Sport gibt.
2.     wir so gut und
3.     miteinander so innig befreundet sind.
4.     wir wunderschöne, verständnisvolle und dabei noch attraktive Superfrauen ausnahmsweise n i c h t um uns haben. (Oft ist dann aber – hoho – nach der Heimkehr noch eine „dritte Halbzeit“ fällig … hehehe)

Heute sind wir alle da. Der Ball huscht munter durch die Reihen! Eben spitzelt der enorme Schwabe Oswald Ranft den Ball über die Linie, schon hämmert sein Opponent Uli Quetsch den Ball ins Tor. Zwischendurch ruft Andi Maier-Eichwald: „Bald ist Weihnachten!“ Und wir nicken alle. Und lachen alle. Da gelingt mir eine Finte wie selten – sieh einer an, zum ersten Mal seit langem ist es mir gelungen, Gisbert Schönthaler zu tunneln – einen fixen jungen Burschen! Wir müssen beide herzlich lachen und reichen uns die Hände!

„Jetzt kann Weihnachten ja kommen!“, scherze ich und da – geht die Tür zu unserer (preiswert von einem freundlichen Gymnasium gemieteten) Halle auf und da steht, man glaubt es kaum: Barack Obama.

„Herr Präsident“, sagt Silvio Pasquale, einer, den ich in der Auflistung der Ausländer vergessen habe, verzeih Pasi! Wo du doch mit deinen fantasievollen Kindertheaterstücken nicht nur zur Weihnachtszeit Kinderaugen zu leuchtenden Augen von Kindern machst. (Wobei – ganz schön viele Ausländer tummeln sich da schon in unserem Team …)
„Mister President!“, übersetzt hilfsbereit Wilhelm Wein, der im Privatleben eine Bohrinsel baut, Kamerad Gulliver nickt.

„Es geht schon“, sagt unser neuer Freund Barack. „Meine Deutsch ist gar nicht so schlechte!“
„Es ist ausgezeichnet!“, lobt ihn Markus Fels, von seiner unermüdlichen Abwehrarbeit noch ganz außer Atem.

„Ich lieben Weihnachten“, sagt Barack. „Besonders den deutschen, so ich bin inkognito hier. Und habe euch spielen gesehen das Soccer. Darf ich mitspielen?“

Und ob er darf! Nun man merkt schon, dass der amerikanische Präsident noch nie einer Taktikschulung unseres „wandelnden Lexikons“ Hansjörg Mäher beigewohnt hat – aber er kann mithalten. Einmal gelingt ihm sogar ein ansehnlicher Seitfallzieher, den Gisbert „so eben noch“ von der Linie „kratzen“ kann.

Da ertönt ein kräftiges: „Frohe Weihnachten!“ Und wieder geht die Tür auf. Erstaunt halten wir inne und trauen unseren Augen kaum: Osama Bin Laden betritt freundlich die Halle. „So ein Zufall!“, sagt er. Auch sein Deutsch ist ausgezeichnet. „Barack ist auch hier!“
„Osama, du alter Halunke“, ruft Barack und droht lächelnd mit dem Zeigefinger. „Sei du mal froh, dass bald die Weihnachten ist!“
„Und du erst!“, lacht Osama. „Mit dir habe ich noch ein Hühnchen zu rupfen!“
„Aber nicht an Weihnachten!“, sagen wir.
„Nicht an Weihnachten!“, stimmt uns Osama zu. „Noch Platz für einen geschickten Angreifer?“

Herrlich geht das Spiel weiter: Osama und Barack harmonieren ausgezeichnet und es gelingt ihnen, eine veritable Flügelzange zu bilden, die den Ball ein ums andere Mal brenzlig vors gegnerische Tor trägt!

Dann aber eine Schrecksekunde – Barack fällt mit dem Kopf hart gegen die nur mit Holz vertäfelte Hallenwand. Vorausgegangen ist ein (absolut fairer) Zweikampf mit Uli und Andi (also eigentlich ein Dreikampf). Barack ist bewusstlos! Oh, weh!
„Wir machen uns solche Vorwürfe!“, rufen Uli und Andi.
„Macht euch keine Vorwürfe! Nicht an Weihnachten!“, rufen alle anderen.
Und Osama ruft: „Es war ein absolut fairer Kampf um den Ball!“
Besorgt kniet Oswald vor dem zusammen gekrümmten, ohnmächtigen Friedensnobelpreisträger nieder.
„Er scheint von innen zu leuchten!“, sagt er andächtig. „Und er sieht ganz unschuldig aus! Wie ein Kind!“
„Hat er gesagt, in welchem Hotel er wohnt?“, fragt Wilhelm. „Damit wir ihn dorthin bringen können?“
„Vorhin, nach dem schönen Pass in den freien Raum von Uli…“
„Danke!“, sagt Uli.
„Hat er erwähnt, dass er keinen Platz in einer Herbe gefunden hat … Bis jetzt … O mein Gott!“, Markus begreift, wir alle begreifen in diesem Moment!
„Ist er vielleicht …“, Gulliver wagt den Satz nicht zu vollenden.
Osama lächelt und entnimmt seinem Kaftan Gold, Weihrauch und Myrrhe.
„Wo sind denn die anderen zwei?“, frage ich perplex.
„Guantanomo“, Osamas Gesicht nimmt einen traurigen Ausdruck an.
„ER wird sie befreien“, flüstert Humerbauer und Stiletto sagt: „Yes Sir!“

Barack erholt sich schnell und schon ist die Spielzeit vorbei. Draußen hat es zu schneien begonnen. Als amerikanischer Präsident hat Barack wenig Zeit und verabschiedet sich, knufft Osama freundschaftlich und sagt: „Warte du nur! Wir müssen fragen dich schon noch ein paar Sachen!“
„Aber erst nach Weihnachten“, mahnt Osama lachend.
„Erst nach Weihnachten.“
Und wie nett! Osama hat noch ein bisschen Zeit und begleitet uns in unsere Stammpizzeria.
„Du isst doch kein Schweinefleisch?“, fragt Lech während des Essens.
„Normalerweise nicht, nein!“, bestätigt Osama. „Befindet sich denn auf meiner leckeren Pizza Schinken Schweinefleisch?“
„Schinken IST Schweinfleisch!“, rufen wir alle und halten uns die Bäuche vor Lachen, am lautesten lacht Osama selbst über sein kleines Missgeschick. Und spendiert dann noch eine Runde Ouzo. „Frohe Weihnachten, Freunde!“, ruft er und erhebt das Glas. „Frohe Weihnachten!“, rufen wir. Und ich denke: Die Weihnachtszeit ist und bleibt die schönste Zeit des Jahres … (usque ad infinitum!)

Carlo Schäfer