
50 von über 2000
Wolfgang Schweiger über Wien on location
Es gibt wohl keine (Haupt)Stadt auf der Welt, deren Name so eng mit einem Film verbunden ist als Wien mit „Der Dritte Mann“. Ein Klassiker des Film noir, der auch 70 Jahre nach seiner Premiere nichts von seiner Anziehungskraft eingebüßt hat. „3. Mann Touren“ durch das Wiener Kanalsystem und ein 2005 gegründetes Museum mit 2500 Originalexponaten und der Zither von Anton Karas tun das ihre, um die Erinnerung wachzuhalten (und Filmtouristen auf Trab zu halten). Was die Donau-Metropole in filmischer Hinsicht sonst noch hergibt, haben die renommierten Filmjournalisten und Buchautoren Andreas Ungerböck und Michael Pekler in ihrem so unterhaltsamen wie informativen Buch „Wien – Eine Stadt als Filmkulisse“ zusammengetragen.
Mehr als zweitausend Filme soll es geben, die zur Gänze oder teilweise in Wien gedreht wurden. Exemplarische 50 davon präsentieren die Autoren in ihrem Buch, alphabetisch gelistet und mit den wichtigsten Angaben zu Stab und Besetzung. Darunter befinden sich auch Filme, in denen Wien aus politischen oder finanziellen Gründen für andere Städte herhalten musste: im Bond-Abenteuer „James Bond 007 – Im Angesicht des Todes“ (1987) für das benachbarte Bratislava, in Clint Eastwoods Kalter-Kriegs-Thriller „Firefox“ (1982) für Moskau oder in „Die drei Musketiere“ (1993) für das Paris des 17. Jahrhunderts.

Andererseits wurde Wien als Filmschauplatz selten so hervorragend genutzt wie in Michael Winners Agenten-Thriller „Scorpio – Der Killer“ aus dem Jahr 1973. Zwar kommt Wien erst nach knapp 40 Minuten ins Bild und auch der Showdown spielt nicht hier, sondern in Washington, aber die vielen Szenen dazwischen, das Katz- und Maus-Spiel zwischen dem abtrünnigen CIA-Killer Cross (Burt Lancaster) und seinem ehemaligen „Schüler“ Jean Laurier (Alain Delon), genannt „Scorpio“, der ihn umbringen soll, sind an Dramatik kaum zu überbieten. Der Film, so die Autoren, „verblüfft nicht nur mit einer angemessen düsteren und spannenden Geschichte, sondern vor allem mit einem beeindruckenden Gespür für Wien und die zahlreichen Schauplätze vor Ort (…) Und natürlich gipfelt alles in der berühmt gewordenen Verfolgungsjagd auf der großen U-Bahnbaustelle mitten in Wien, auf dem Karlsplatz, heute wie damals einer der zentralen Verkehrsknotenpunkte der Stadt.“
Ein Abenteuer in Wien, so auch der gleichnamige Filmtitel, erlebt auch der Taxifahrer Toni Sponer, gespielt von Gustav Fröhlich, der einen erschossenen Fahrgast, einen Amerikaner, in seinem Taxi vorfindet und die Chance wittert, eine neue Identität anzunehmen und sich in die USA abzusetzen. Daher auch der englische Titel dieser österreichisch-amerikanischen Ko-Produktion aus dem Jahr 1952: „Stolen Identity“. Geschrieben nach Motiven des Romans „Ich war Jack Mortimer“ von Alexander Lernet-Holenia und inszeniert von Emile E. Reinert, wurde dieses kleine Meisterwerk des Film noir erst viel später vom Filmarchiv Austria wiederentdeckt und an die Öffentlichkeit gebracht.

Ansonsten bietet der reich bebilderte Band eine durchaus repräsentative Auswahl bekannter „Wien-Filme“, bei der die „Sissi-Filme“ und andere Nostalgie-Schinken wie „Im Prater blüh’n wieder die Bäume“ (1958) ebenso wenig fehlen wie Filme, die sich mit der Stadt Wien selbst auseinandersetzen, das „seinen Bewohnern – hinter der touristischen Fassade – lange Zeit als grau und leblos galt, so etwa noch in Götz Spielmanns „Der Nachbar“ (1993).“ Das hat sich mittlerweile gründlich geändert, wie zwei kürzlich in Wien gedrehte Filme beweisen: der von Oscar-Preisträger Stefan Ruzowitzky inszenierte Action-Thriller „Die Hölle – Inferno“ und die Tragikomödie „Wilde Maus“, das Regiedebüt des Kabarettisten und Schauspielers Josef Hader.
Apropos Hader.Der war im Jahr 2000 einer der Hauptdarsteller in der Wolf Haas-Verfilmung „Komm, süßer Tod“, die hier leider fehlt. Wirklich schade ist allerdings, dass die Autoren auf den famosen Agenten-Thriller „Die Haut des Anderen/Avec la peau des autres“ von Jacques Deray aus dem Jahr 1966 verzichtet haben, der zur Gänze in Wien spielt und so ausgiebig wie weitgehend korrekt örtliche Gegebenheiten nutzt. Schließlich war Wien zur Zeit des Kalten Kriegs DER Treffpunkt für Spione aller Art, und wie Lino Ventura (in Bestform) als französischer Agent skrupellos die verschiedenen Seiten aufmischt, ist schlichtweg grandios.
Wolfgang Schweiger
- Andreas Ungerböck/Michael Pekler: Wien – Eine Stadt als Filmkulisse. On location: Reiseführer zu den Orten des Kinos, Nr. 5. Schüren Verlag, Marburg. 128 Seiten mit vielen Fotos. 14,90 Euro.
Anm. d. Redaktion: Gerade eben erschienen, eine Monographie von Bernd Rebhandl über „Der dritte Mann“, Czernin Verlag, 128 Seiten, 20 Euro.
Wolfgang Schweiger (den wir vom „Fahnder“, der „SOKO 5113“ und von vielen Kriminalromanen kennen) ist derzeit hauptsächlich als Kulturjournalist im südostbayerischen Raum/Salzburg unterwegs und hat nach längerer Pause auch wieder einen Kriminalroman geschrieben, wobei Verlag und Erscheinungsdatum allerdings noch völlig offen sind. – Seine Website hier. Seine Texte bei CrimeMag: In einer Bar in Mexiko und The Wild Bunch.