Geschrieben am 21. November 2012 von für Comic, Litmag

Anke Feuchtenberger: Die Spaziergängerin

Die SpaziergängerinSpazieren mit und ohne Hund

– Anke Feuchtenberger, seit über 20 Jahren eine der stärksten Stimmen der alternativen Comic-Szene, ist nach längerem wieder bei Reprodukt Verlag im Programm. „Die Spaziergängerin“ führt in viele Gegenden, Brigitte Helbling hat sie erkundet.

Zu Anke Feuchtenberger gehören Hunde, das macht sie zu einer Spaziergängerin aus Notwendigkeit, Überzeugung und Leidenschaft, und Hunde zu einem ihrer stärksten Bildmotiven. (Ihre echten Hunde, nebenbei, überzeugen selbst Hunde-Skeptiker durch bemerkenswerte Eleganz und Wohlerzogenheit.)

Auch in Feuchtenbergers neustem Buch, „Die Spaziergängerin“, eine Sammlung von Comic-Impressionen aus verschiedenen Ländern und Städten, findet sich eine schöne Kollektion von Vierbeinern. Der eigene ist auf Seiten 34 und 35 vertreten, ein recht fantastischer sitzt und liest im Morgenrock auf Seite 26, eine ganze Meute tobt auf einem „Hundespielplatz“ auf Seite 38. Auf Seite 16, man weiß nicht recht, wie es dazu kommt, schläft eine unbekannte Bewohnerin einer „großen und modernen Stadt“ in einem Nest aus lauter Hunden auf der Straße.

„Gezeichnete Essays“ nennt der Rückentext diese Sammlung von Spazierberichten, die Feuchtenberger mal mit, mal ohne Hund unternommen hat, je nach dem, ob der Spaziergang um die Ecke führte (Hamburg, Quilow), oder um die halbe Welt (Tokyo).

(Kommt der Hund nicht mit, erzählt die Hundehalterin nicht in diesem Buch, macht er Ferien bei der Verwandtschaft.)

Der Verlag hat darauf verzichtet, die einzelnen Berichte im Werkverlauf der Künstlerin zeitlich einzuordnen, vielleicht, um ihm nicht den Charakter einer Werkschau in Miniatur geben. In „Die Spaziergängerin“ drängt sich weder die Chronologie eines Reiselebens noch ein stilistischer Entwicklungsweg in den Vordergrund (beides lässt sich mit nur wenig Recherche-Einsatz natürlich trotzdem finden). Die unterschiedlichen Comic-Erzählansätze kommen mehr wie das Wetter daher, das in jeder Stadt, bei jedem Aufenthalt eben wieder ein anderes ist. Alle Postkarten-Essays, von „Frau A. reist in die große und moderne Stadt“ (eindeutig aus Feuchtenbergers Anfängen), bis zu den Berichten aus Guimaraes in Portugal von 2012 oder dem seltsamen, strengen Traktat „Vermessenheit und Raumerziehung“, eint eine hohe Konzentration des Blicks, Striche, die Gefühl transportieren, Bilder, die aus Stimmungen hervorzubrechen scheinen.

Wo war Frau Feuchtenberger genau unterwegs? Immer will man es nicht wissen. Die Wachträume dieser Spazierberichte haben ihre unheimlichen Seiten (gut, dass dann immer wieder mal ein Hund dabei ist).

Brigitte Helbling

Anke Feuchtenberger: Die Spaziergängerin. Berlin, Reprodukt 2012. 80 Seiten. 20 Euro. Zur Homepage des Verlags.  Am 24. November liest Anke Feuchtenberger aus „Die Spaziergängerin“ im phil (Wien) im Rahmen des Reprodukt-Graphic Novel-Abend zur BUCH WIEN.

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