Geschrieben am 17. September 2014 von für Kunst, Litmag, Porträts / Interviews

Der Künstler Martin Wanka im Interview

Martin Wanka„from poor to rich“

– Martin Wanka hat die Kontoauszüge aus der Zeit seines Studiums als Diplomarbeit abgegeben. Die Biografie in Form von Kontobewegungen gibt Auskunft darüber, wie der Student Wanke gelebt, gegessen und geliebt hat. Auch heute macht der Kölner aus seinen Finanzen kein Geheimnis. In der Folge-Aktion „from poor to rich“ versteigert er seine aktuellen Kontoauszüge auf Ebay. Mit Erfolg. Christina Bacher hat mit ihm gesprochen.

Schön, dass wir uns kennenlernen, bevor bei dir der Reichtum ausbricht …

Da ich es geschafft habe, mein Diplom mit Kontoauszügen zu erreichen, kann es sein, dass ich es tatsächlich schaffe, mit ihnen reich zu werden: „from poor to rich“ heißt mein neues Projekt. Hier verkaufe ich meine jeweils aktuellen Kontoauszüge bei Ebay und jeder kann Teil meines Weges nach oben werden. Die Arbeit zeigt, wie ich vom armen Haustechniker zum reichen Künstler werde. Das erste Buch „from poor to rich I“ konnte ich für 100,99€ verkaufen. In ca. 4 Monaten kommt dann der zweite Band und der Käufer des ersten Buches wird ein Teil der Geschichte darin sein.

Wie seit dem Rummel über deine Diplomarbeit an der Kunsthochschule für Medien inzwischen viele wissen, hattest du nie viel Geld zu Verfügung. Hat sich das nach deinem Studium denn nicht geändert?

Nicht wirklich. Finanziell geht es mir zwar gut, aber reich bin ich nun auch nicht. Im Grunde ist mir der finanzielle Reichtum nicht wichtig. Ich habe in meinem Leben andere Prioritäten, die sich aus einer gesunden Mischung von Glück, Selbstbestimmung und Leidenschaft zusammensetzen.

Wie lebst du zurzeit? Hast du noch einen „Brotberuf“?

Ich genieße gerade die Aufmerksamkeit der Medien und freue mich über diese sicher temporäre Bekanntheit, ob sich daraus etwas ergibt, weiß ich nicht. Ich habe keine Eile: Zum Broterwerb arbeite ich zurzeit in einem Teilzeitjob als Haustechniker im Büro einer großen Fernsehproduktionsfirma. Ich habe sehr angenehme Arbeitszeiten und kann gegen 15h in den Feierabend gehen und mich anderen Dingen widmen.

Dir ist am Ende des Studiums das Geld ausgegangen. War das der Moment, in dem Du gedacht hast, dass deine Kontoauszüge für andere interessant sein könnten?

Martin Wanka: Das Geld ging mir während meines Studiums nicht nur am Ende aus. Es gab immer mal wieder Durststrecken die es zu überwinden galt, jedoch war dies auch immer der Beginn eines kreativen Prozesses. Der ausschlaggebende Punkt für meine Diplomarbeit war, dass mir im 13. Semester die Projektgelder gestrichen wurden und so habe ich dann meine Finanzen zum Thema gemacht.

Welche Schlüsse hast du denn aus den Kontoauszügen gezogen?

Ich hielt die Kontoauszüge das erste Mal im kompletten Paket in der Hand und war total gespannt diese durchzusehen. Sie sind eine Autobiographie meiner Studienzeit, die mir selbst im Nachhinein viele Geschichten in mein Gedächtnis brachte, die ich vielleicht sonst vergessen hätte. Ein weiteres spannendes Thema war für mich, dass ich errechnen konnte wie viel mein Vater und meine Mutter zu meinen Finanzen beigetragen haben. Als Beispiel: Mein Vater hat mir über die sieben Jahre knapp 20.000 € überwiesen.

Wie unterscheiden sich die früheren Ausgaben von den jetzigen?

Martin Wanka: Es gibt schon einen sehr großen Unterschied zwischen meiner Zeit als Student und der jetzigen. Früher lebte ich eigentlich immer am Rande des Dispos, der heute nur noch zum Einsatz kommt, wenn ich die GEZ zahlen muss oder meine Waschmaschine den Geist aufgibt.

Du legst in deiner Arbeit alles offen. Hast du nicht den Impuls, etwas verheimlichen zu wollen? Und wie sieht es mit Datenschutz anderer aus, wenn die Kontoauszüge veröffentlicht werden? Ist das überhaupt erlaubt?

Ich habe bisher noch keinen Impuls verspürt etwas verheimlichen zu wollen, solange meine Nacktbilder nicht aus meiner iCloud geraubt werden. Die Datenschutzdebatte kann ich zwar sehr gut verstehen, jedoch gebe ich meine Daten einfach frei und hoffe, dass sie sich jemand anschaut. Über die rechtliche Frage, über die Bekanntgabe von Daten anderer, habe ich mich noch nicht informiert. Für mich ist es moralisch jedoch unbedenklich und es hat sich bei mir noch niemand beschwert.

Inzwischen müsstest du dir ja auch die Kompetenz erworben haben, die Kontoauszüge von Fremden analysieren zu können. Vielleicht auch ein lukrativer Erwerbszweig ….

Klar, schickt mir Kontoauszüge, die ihr nicht mehr braucht und wir schauen dann mal, was wir daraus machen: Martin Wanka, Herkulesstr. 97 A. 50823 Köln.Interessierte können mich auch gerne über meine Homepage kontaktieren.

Christina Bacher

Christina Bacher lebt als Buchautorin und Journalistin in Köln. Soeben ist ihr Buch „Köln trotz(t) Armut – Bestes aus dem Straßenmagazin DRAUSSENSEITER“ im Daedalus Verlag erschienen.

Foto: Homepage von Martin Wanka

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