Orte der Fiktion
jedem Gesicht stellte sich
dieselbe Frage
nach Orten an denen ich gewesen bin
nur das Herz antwortet
der Mund ist schwach, doch
was im Herzen, ist füllt die Kornkammer
mit verträumten Gesichtern und Ungläubigkeit
stellen sie weitere verwunderte Fragen
fragen noch einmal, wo ich schon überall war
ich antworte prompt:
ich war im Land stummer Echos
in den Sanden des uralten Timbuktu
sie schütteln die Köpfe wie Stiere
und während sie trinken, lachen sie spöttisch:
solche Orte gibt es nur in der Fiktion
ich senke den Kopf
und tröste mein Herz mit labenden Worten:
die Gnade im Herzen gehört mir
übertragen von Klaus Beer
In der aktuell durch die Feuilletons der Republik hochgekochten Diskussion über den offenen oder versteckten Rassismus vor allem in einigen Kinderbüchern, fällt ein Subtext auf: wir (in Deutschland, in Europa) wissen eigentlich immer noch beschämend wenig über die Literatur des afrikanischen Kontinents.
Zwar beginnt sich ganz langsam dieser riesige Unwissenheitskrater zu schließen, aber er wird vermutlich auf längere Zeit noch sehr groß sein. Das trifft auch auf unser Wissen um die heute zwischen Algier und Kapstadt, zwischen Dakar und Mogadischu geschrieben Lyrik zu. Warum ist eigentlich, um ein Beispiel unter vielen zu nennen, Chirikuré Chirikuré aus Zimbabwe bei uns so unbekannt?
Er wurde 1962 in Gutu, Zimbabwe geboren, studierte in Zimbabwe und Iowa (USA). Heute gilt er als einer der ganz großen Lyrik-Performer Afrikas. In dem immer noch diktatorisch regierten Zimbabwe werden Gedichte von ihm als Zeichen des Widerstands an Häuserwände geschrieben.
Carl Wilhelm Macke
Auf Deutsch liegt vor: Chirikuré Chirikuré: Aussicht auf eigene Schatten. Gedichte. Übersetzt von Sylvia Geist. Herausgegeben von Indra Wussow. Verlag Das Wunderhorn 2011. 120 Seiten. 18,90 Euro.