Das sind meine Trauer
Am heutigen Weltflüchtlingstag lesen Sie drei Gedichte von Shabnam Azar, die als politischer Flüchtling ihre Heimat Iran verlassen musste und momentan in Deutschland lebt.
Freier Fall
(Für Neda Aghasoltan )
Sie lief
nur ein paar Schritte vor mir
bevor sie
auf die Teheraner Freiheitstraße fiel
Schön ist die Freiheit
auch wenn du frei fällst
auf die Todesstraße
auch wenn dein Körper kalt wird
über deinem eigenen Blut
Liebe Kugeln
kehrt in eure Patronengehäuse zurück
damit wir in unsere Häuser zurückkehren!
Dein Haar
weht im Wind
dein Körper
kalt
luftdurchlässig
zitternd
gleich einem Vogel
der das Fliegen übt
und du lauschst den Stimmen
der Menschen
des Windes
und dein starrer Blick haftet an uns
während du dort hängst
am Galgen.
Ohne
ein neues Alphabet erfunden zu haben
träume ich
in allen Sprachen der Welt
Shabnam Azar, übersetzt von Hossein Mansouri
Die Dichterin und Journalistin Shabnam Azar ist nach zwölfjähriger Tätigkeit bei verschiedenen Zeitungen, Zeitschriften und Webseiten bei dem iranischen Staat in Ungnade gefallen. Ihr wurde jede Veröffentlichung untersagt, die Polizei durchsuchte ihre Wohnung. Zusammen mit Ihrem Mann sah sie sich gezwungen, den Iran zu verlassen und über Indien und die Türkei nach Deutschland zu fliehen, wo sie politisches Asyl bekommen hat. Azar versucht über Facebook mit ihren Landsleuten in Kontakt zu bleiben, was aber nicht einfach ist, da der iranische Staat durch Überwachung und Zensur versucht, kritische Facebook- und Webseiten zu kontrollieren. Mehr dazu finden Sie hier, Azars Facebook-Profil hier.