Second start
Die Schwedin Amanda Jenssen weiß mit Pepp und Pop zu überzeugen, ohne in die Fallen ausgetretener Musikpfade zu tappen. Von Jörg von Bilavsky
Mittlerweile kann man es nicht mehr hören, das Geträller und Gezwitscher der Erst- und Zweiplatzierten aus drittklassigen Castingshows. Doch wie so oft bestätigen auch hier wieder einmal Ausnahmen die Regel. Einen solchen Sonderfall stellt die 22-jährige Schwedin Amanda Jenssen dar. Vor drei Jahren mit zarten 19 knapp rausgekickt aus der schwedischen DSDS-Version „Pop Idol“, ist die grau-blonde Sängerin von einem Majorlabel aufgegabelt und zum Star aufgepäppelt worden, und zwar zunächst in ihrer popverliebten Heimat. Ihre schwedischen Landsleute lieben sie und vergoldeten das Debütalbum „Killing My Darlings“ nicht nur: Nein, Jenssen erhielt für das meistverkaufte Album des Jahres 2008 in Schweden sogar Doppelplatin.
Verraucht und verrucht
Aber was sagen schon Zahlen, Statistiken und Vorschusslorbeeren, solange man südlich von Schweden nicht einen Ton von ihr zu hören bekommt. Gar nichts. Jetzt ist sie mit ihrem zweiten Album auch im Rest Europas am Start. Und der könnte mit der mystisch eingeläuteten Single „Happyland“ nicht schwungvoller ausfallen. Einen verrauchten Club vor Augen steht mittendrin die schwarzgewandete Femme Fatale, ins Elvis-Mikrofon hauchend, begleitet von einer schmissigen Combo mit Kontrabass, Posaunen und Trompeten. Davor wild tanzende Twens in Pettycoats und mit gegelter Haarpracht. So stellt man sich das wirklich vor und so ist es wirklich im Video zu bestaunen.
Old soul
Auch im nächsten Song „Save Me For A Day“ legt sich Jenssen mit ihrem leicht brüchigen Timbre voll ins Zeug, unterstützt von wuchtigen Bläsern und präzisen Bässen. Die ebenso schmutzige wie softe Klangfarbe ihrer Stimme kommt aber erst in getragenen Stücken wie „Autopilot“ oder dem Wiegenlied „Sing Me To Sleep“ voll zur Geltung. Geheimnisvoll wird der rauchige Schmelz ihres Gesangs in dem klassisch getakteten „Our Time“. Manche der 17 Titel mögen mitunter glatt gebügelt scheinen, mit melodischen Genen zum Ohrwurm geklont. Am Ende aber wandelt die Chanteuse aber auf eigenen Pfaden, und die sind gesäumt mit etlichen Ahnenbäumen, die auf Elvis Costello, Tom Waits oder Cab Calloway verweisen. Von diesen Altmeistern hat sie sie sich musikalisch einiges abgeschaut, aber nichts abgekupfert. Und wie sieht sie sich selbst? „I am pretty young – but I’ve got an old soul“. Recht hat sie!
Jörg von Bilavsky
Amanda Jenssen: Happyland. Epic (Vertrieb: Sony Music).