Geschrieben am 3. Oktober 2016 von für Musikmag

Andalucía: Stuck

andalucia_stuckMit Punk im Herzen

Andalucía gehören zu den coolen Kids und wissen nichts davon. Oder wollen davon nichts wissen. Jedenfalls tragen sie ihre Coolness nicht als Schild vor sich her. Unsicherheit, Verletzbarkeit, „Ode de Coy“ – das sind bei Andalucía keine Pop-Posen. Vielmehr sind es Vergewisserungen für die zweite Reihe, „I can I.D.“. Während die Avantgarde schreiend in den Kampf zieht, Manifeste raushaut und jedes Feld zu besetzen versucht, braucht die zweite Reihe einen Moment zur Reflexion und kommt zum Schluss: „I’m lost and I don’t mind“.

Zwar haben André Martens und Philipp Ohnesorge ihr Projekt nach einer Region benannt, Andalucía auf einen Ort festzunageln, fällt trotzdem schwer. „When nothing stays in place / It’s tough to tell where stuff belongs“. Der Albumtitel, „Stuck“, ist dann auch nicht räumlich zu lesen. Gepaart mit dem semantischen Feld der Transzendenz in den Lyrics, ist er vielmehr hauntologisch zu verstehen. Schon auf dem letzten Album There are two of us wandelten Andaluciá im simple future die Straßen New Yorks der 1980er um nicht etwa eine Tote, aber die verehrte Patti Smith zu heiraten. Die „Raison d’Être“ auf dem neuen Album ist die Auseinandersetzung mit den eigenen Gespenstern, die sich manchmal im Gegenüber zeigen, meist jedoch nur schwer greifbar sind, „a greater aura“, „a passing moment“ eben.

Musikalisch ist der noisige DIY-Pop, der an Dinosaur Jr. erinnert, auch an Sonic Youth und The Notwist, genau richtig für die zweifelnde Dazwischen-Stimmung, die die Lyrics beschwören. Das Schlagzeug ist bisweilen träge und fern, wie in „Ordinary Daze“, dann wieder poppig-tragend, wie in „Slack Off“; die Gitarre trägt die Melodien und verzerrt sich in alle denkbaren Richtungen, setzt Akzente, wo sich der Gesang entfernt. Dem Gesang wird auf „Stuck“, verglichen mit dem Debütalbum aus 2014, mehr Raum gegeben, und das ist schön. So kann auch die zweite Reihe gut hören, was Andalucía mit Punk im Herzen zu sagen haben – „A strange, familiar sound / (That’s) staying underground“. Wer hier den Bass vermisst, hat Andalucía nicht verstanden.

Aufgenommen haben Andalucía wieder mit Christian Bethge und wieder in Mannheim. Dieses Mal aber nicht (nur) im RAMA Tonstudio, sondern auch in einer von den amerikanischen Besatzern verlassenen Militärkirche – das hauntologische Moment verdichtet sich so bloß. Stuck erscheint in Vinyl gepresst auf Sic Life Records.

Anna Seidel

Behr zu Band und Album hier. Und hier und hier.

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