Geschrieben am 25. Februar 2015 von für Musikmag

Bilderbuch: Schick Schock

bilderbuch_schickschockEin göttliches Drama

– Von den österreichischen Landsmännern Wanda hieß es neulich in der Welt so richtig schön journalistendoof, dass, wer sie in Berlin gesehen habe, eine Band vor dem Durchbruch gesehen habe. Drei ausverkaufte Konzerte in der deutschen Hauptstadt, aber VOR dem Durchbruch, ja klar. Was das alles mit Bilderbuch zu tun hat? Jede Menge. Denn ebenso wie an Wanda kommt in diesen Tagen niemand, der sich ernsthaft für die Zukunft von Rock und Pop interessiert, an Bilderbuch vorbei.

Zunächsnt einmal und zuvorderst: Sänger Maurice Ernst kann Unglaubliches mit seiner Stimme anfangen, hat ein Repertoire vom Funk bis hin zu queerem Hip-Hop. Der Typ tanzt auf dem Funk, beherrscht jede Nuance aufs i-Tüpfelchen. Das kann man auf Platte schon sehr goutieren, so richtig zur Geltung kommt es natürlich auf der Bühne. Im Netz gibt es eine Aufzeichnung der Amadeus-Awards zu sehen, einer der größten Musikpreise Österreichs. Nach dem Auftritt von Bilderbuch, die an diesem Abend ihren Hit „Maschin“ zum Besten geben, stehen alle, ALLE Anwesenden auf und erteilen standing ovations. Wir sind auf einem Weg, begleitet uns dabei, fordert Sänger Maurice Ernst das Publikum auf. Man kann nicht umhin zu fühlen, dass man da etwas Großem beiwohnt.

Weiterer Vorteil: Bilderbuch sind sexy, aber mit Humor. „Aus Brot mach ich cake / nenn mich Maurice Antoinette“, singt Ernst im Titelsong. Zum Niederknien, wie sie den absoluten Hit „Plansch“ am Ende gnadenlos zerstören, niedergiedeln, zerfetzen. Statt es nach den üblichen drei Minuten Radioplay einfach gut sein zu lassen und die Tantiemen einzustreichen, folgen weitere Minuten wilder verzerrter Gitarren, Vocoderfetzen, die sorgfältige Dekonstruktion eines Popsongs. Toll.

Bereits fünf Singles wurden aus „Schick Schock“ vorab ausgekoppelt, zuletzt das nun wirklich in jeder Hinsicht großartige „Om“. Wie soll man einen Song beschreiben, der in jeder Sekundes alles alles richtig macht, dessen Arrangement in vier Minuten so ausgefeilt ist, wie es andere in ihrer ganzen Karriere nicht hinbekommen? Das beginnt mit den indischen Harmonien im Hintergrund, setzt sich fort mit einem fabelhaften Gefühl für Rhythmus und Pausen, einem Refrain aus der Galerie der Kopfstimme und – zu guter Letzt, nach der Bridge – einem harmonischen Finale, wie es sich Musiktheoretiker nicht besser ausmalen können.

Mag sein, dass Ibeyi schon jetzt, im Februar, das Debüt des Jahres abgeliefert haben, wie Jens Balzer in der Berliner Zeitung schrieb. Ich reihe mich in die Phalanx der Superlativen gerne ein und behaupte: Bilderbuch liefern schon jetzt, im Februar, ganz allgemein das Album des Jahres.

Tina Manske

Bilderbuch: Schick Schock. Maschin Records (Universal).

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