Stört keine Fledermaus
– Christina Mohr hat sich aller weisen Voraussicht zum Trotz an das neue Album von Black Sabbath gewagt, und kann die ganze Aufregung nicht verstehen. Dabei – beim Nichtverstehen – wurde sie auch noch gezeichnet.
Es war mir ja schon klar, dass ich nicht die ideale Person bin, um das neue Album von Black Sabbath zu besprechen. Diese Aufgabe hätte ein ehrwürdiger Motorradclub-Silberrücken übernehmen sollen, der mit „Paranoid“ und „Master Of Reality“ die denkwürdigsten Momente seiner Adoleszenz verbrachte, oder der begeisterte Kollege aus der Werbeabteilung, der mir im Türrahmen stehend eine mehrstündige Predigt über die Großartigkeit von „13“ hielt, oder meinetwegen auch Franz Josef Wagner, der in der BILD-Zeitung einen seiner berüchtigten Briefe an Ozzy Osbourne und seine Frau Sharon hätte schreiben können, in der er sich erleichtert darüber zeigt, dass The Osbournes der satanischen* Rumpelpumpelmusik zum Trotz ihr Eheglück wieder gefunden haben.
Alle möglichen Leute also, nur nicht ich – aber dennoch war ich neugierig, wollte wissen, was geschätzte Autoren wie Dietmar Dath zu einer nur vordergründig als Verriss verpackten, jedoch zutiefst leidenschaftlichen Liebeserklärung in der FAZ bewegte, ich wollte einfach wissen, wie es sich anhört, was Tony Iommi (Gitarre), Geezer Butler (Bass), Bill Ward (Drums) und natürlich The Ozzard of Ozz 45 Jahre nach der Gründung der Polka Tulk Blues Band, die sich später in Black Sabbath umbenennen sollte, ihrem Oevre hinzuzufügen gedachten.
Nun. Dass Rick Rubin „13“ produziert hat, muss nicht unbedingt Gutes verheißen: RR ist ja bekannt dafür, dass er dieLeute im Studio einfach machen lässt und seine Beteiligung darauf begrenzt, im Schaukelstuhl zu liegen und Aura zu verströmen. Die Birminghamer Metal-Legenden waren also mehr oder weniger auf sich allein gestellt, und so klingt die Platte auch. Ich weiß, dass diese Leute schon sehr alt sind oder vielleicht sogar schon tot. Ich weiß auch, dass Black Sabbath ihrerzeit den Hardrock resp. Heavy Metal quasi erfunden haben. Und trotzdem kriegt mich „13“ nicht, überhaupt nicht, um genau zu sein.
„Is this the beginning or is this the end?“ ruft John Michael Osbourne zu Beginn fragend in die Runde, und seine Kollegen antworten mit einem durchaus mächtig grollenden Sound, der sich im weiteren Verlauf zur Vermächtnisverwaltung ausbreitet, der gewiss keine “Lungenentzündung verursacht”, wie Dath schreibt, höchstens ein leises Röcheln aus der Gruft. Die acht Stücke – eins davon heißt durchaus selbstironisch „Zeitgeist“ – unterscheiden sich in Tempo und Farbe kaum, sind genregemäß schwerfällig und mit gniedelnden Gitarrensoli verziert: alles, wie es sich gehört und heutzutage keine Fledermaus mehr stört.
Natürlich weiß ich auch, dass man Hardrock-Lyrics wenig bis keine Beachtung schenken soll, weil sie nur dazu dienen, dass der Sänger/Shouter/Howler/Growler auch etwas zu tun hat, aber, bitte: „I don´t wanna live forever / but I don´t wanna die“?!?! – eine ähnliche lyrische Meisterleistung findet sich auch beim großen Poeten Robbie Williams in dessen Hit „Feel“** aus dem Jahre 2002. Nun werden Black Sabbath-Fans erzürnt in meine Richtung rufen, dass ich mich doch mit meinen Robbie-Williams-Platten zum Teufel scheren soll – das mache ich wohl besser auch. Und seid versichert, mein Exemplar von „13“ ist in guten Händen gelandet, beim begeisterten Kollegen nämlich.
* habe aus einer der unzähligen Besprechungen zu „13“ gelernt, dass Satanismus nur aus einer grundsätzlich gläubigen Grundhaltung heraus entstehen kann. Der Satanist erkennt Gott als Gegenspieler/-pol an; keinesfalls zu verwechseln mit Nihilismus oder Atheismus also.
** „I don´t wanna die / but I ain´t keen on living either”
Christina Mohr
Black Sabbath: 13. Universal. Zur Homepage von Black Sabbath.