Geschrieben am 5. Februar 2009 von für Musikmag

Bruce Peninsula: A Mountain Is A Mouth

Sakral

– Songs, die klingen wie ein vertontes Kapitel aus der Offenbarung – Wölfe im Schafspelz, Flutkatastrophen und Berge, die sich öffnen und den Himmel verschlingen sind hier nichts Ungewöhnliches. Von Tina Manske

Und weiter geht’s mit tollen neuen Bands, die den Spaß an der Singerei für sich wiederentdeckt haben. Wer im letzten Jahr an den Lippen der Fleet Foxes hing, der wird auch Bruce Peninsula aus Kanada lieben. Noch ist diese Folkband in Europa ein völlig unbeschriebenes Blatt, sie haben noch nicht einmal einen Vertrieb hier oder gar eine Promomaschine am laufen, doch in Zeiten des Internets bleibt kein guter Sound lange unentdeckt. Bruce Peninsula bestehen im Kern aus fünf Musikern, in deren Mitte Sänger Neil Haverty steht, die Band kann aber bis auf 15 Mitglieder anschwellen, insbesondere bei den gefeierten Liveauftritten. Leider bisher nur in den USA und Kanada, doch das kann, ja muss sich mit „A Mountain Is A Mouth“ endlich ändern.

Bruce Peninsula begeistern zunächst mit einer ungeheuren Intensität, grandiosem mehrstimmigen Gesang, der seine Technik und seine Energie direkt vom Gospel und vom Soul geerbt hat, während Haverty den Tom-Waits-Wiedergänger spielt. Dazu kommt ein beseeltes Songwriting. Die Songs der Band klingen wie ein vertontes Kapitel aus der Offenbarung – Wölfe im Schafspelz, Flutkatastrophen und Berge, die sich öffnen und den Himmel verschlingen sind hier nichts Ungewöhnliches, und auch Sängerin Misha Bower klingt wie eine Sirene, die jederzeit den Untergang in schönste Klänge tauchen kann. Tatsächlich wurden Teile des Albums in einer Kirche aufgenommen. Die beiden Traditionals „Satisfied“ und „Drinking All Day“ fügen sich unmerklich in die Reihe der Originals ein – Schellengeklimper, Händeklatschen, abrupte Tempiwechsel, Zithern, Metallophone, Kinderklavier und buchstäblich alles, was man als Percussioninstrument gebrauchen kann, aber auch plötzliche Postrockausbrüche („Shanty Song“!) sind so oder so an der Tagesordnung.

Wem aber gleich von Anfang an die Augen übergehen wollen, der höre sich „Steamroller“ an; Neil Haverty klingt mit seinem Aufruf „So let’s die out!“ wie ein Hermes des Teufels vor einem engelsgleichen femininen Chor, der sich gegen Ende aufbäumt, als könne er das sichere Verderben wenigstens für die Dauer eines Songs noch aufhalten – das besitzt mehr transzendente Momente als ein Jahresaufenthalt im Kölner Dom. Tolles Album, bei dem man auch nach dem hundertsten Hören noch Neues entdecken kann und das auch für Agnostiker sakrale Momente bereit hält. Wenn ich könnte, würde ich die Band sofort für einen Gig in der Berliner Passionskirche engagieren, denn da gehören sie hin.

Tina Manske

Bruce Peninsula: A Mountain Is A Mouth. Bruce Trail (Vertrieb: wird noch gesucht, Vorschläge sind willkommen).
Bruce Peninsula bei MySpace.
Zur Homepage von Bruce Peninsula.
Ganzes Album als Stream hören bei Radio 3 Kanada.

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