Hope you like jammin‘ too
– Was man hier erlebte, war die natürliche Erweiterung einer Band auf ein Orchester. Von Tina Manske
Mit ihrem neuen Album „Carried To Dust“ haben sich Calexico ein veritables Denkmal ihres ureigenen Bandsounds gesetzt. Nun sind sie in Europa unterwegs, um dieses aktuellste einer langen Reihe von außergewöhnlichen Musik-Kleinodien auch live zum besten zu geben.
Zu dieser Gelegenheit hatten sich Joey Burns und John Covertino und ihre Mitstreiter in Berlin als Gäste Rose Kemp (die zu Beginn einen kleinen Auftritt hatte) und – ungleich wichtiger – die Band Boban i Marko Markovic Orkestar eingeladen. Verschiedene Quellen sprechen davon, dass Boban Markovic der beste Trompeter des Balkans sei. Nimmt man den Abend in der Columbiahalle zum Maßstab, so ist daran nicht weiter zu zweifeln. Man muss kein Blasmusik-Junkie sein wie ich, um von der Dynamik und der Leidenschaft dieser Truppe fasziniert zu sein. Das traditionelle Repertoire des Gypsy-Brass wird bei ihnen durch Elemente des Jazz, Pop und Latin aufgefüllt, eine Mischung, die kein Tanzbein unberührt lässt. (Ohne ihren Einfluss wäre übrigens auch die Musik von Zach Condon und seinem Projekt Beirut undenkbar.)
nicht in Berlin, aber dieselbe Tour: Calexico live in Brüssel
Das war natürlich eine ganz andere Stimmung als noch vor einigen Wochen in der intimen Atmosphäre des halbakustischen Konzerts, das Calexico für einige Hundert Zuhörer im Ballhaus Ost gegeben hatten. Als Vorband meinten es Boban i Marko Markovic Orkestar besonders gut und spielten weit über eine Stunde – etwas zu lang, was für etwas Unruhe im Publikum führte. Schließlich war man ja für Calexico gekommen. Die traten dann gegen 22.00 Uhr auf die Bühne und spielten natürlich hauptsächlich die Songs aus ihrem neuen Album, aber auch altbekanntes, als Opener zum Beispiel „Quattro (World Drifts In)“ aus „Feast Of Wire“ oder auch „Not Even Stevie Nicks…“ und „Close Behind“ vom selben Album. Auch die schon notorischen Visuals (hier selbstredend: weite Highways, Palmen, Autos und Diners in SW-Optik) fehlten nicht.
So richtig haltlos, überschäumend und die Freudesröte ins Gesicht treibend wurde es aber, als sich Calexico und Boban i Marko Makovic Orkestar vereinigten, als hätten sie nie etwas anderes getan, als miteinander zu jammen. Was man hier erlebte, war die natürliche Erweiterung einer Band auf ein Orchester. Höhepunkt war die Interpretation von „Crystal Frontier“, bei der am Ende 14 Musiker auf der Bühne standen, teilweise auch unten im Publikum, und eine Version dieses Calexico-Klassikers intonierten, die man noch lange Zeit nicht vergessen wird. So wie diesen Abend überhaupt.
Tina Manske
aktuelles Album: Carried To Dust. Cityslang (Vertrieb: Universal).
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