Einzelschicksal
Mit einem Album, das nach ihr benannt ist, ist eine Band meist bei sich selbst angekommen. Für Dave Longstreth, Mastermind und Songwriter der Dirty Projectors, geht es jetzt, wo er den Rest der Band verloren hat und als Projektleiter im Musikbusiness auftritt, im Innersten ganz offensichtlich um die Liebe. Denn „Dirty Projectors“ ist ein Konzeptalbum um das Aufblühen und Sterben einer Beziehung, von den ersten Gesprächen und Küssen bis zur bitteren Trennung.
Alles beginnt schon mit dem Ende, nämlich mit dem tieftraurigen „Keep Your Name“, bei dem der Name (!) Programm ist: hier werden eben zwei Menschen nicht den gleichen Namen annehmen, sondern hübsch separat bleiben. „Your heart is sayin‘ clothing line/ my body says Naomi Klein“, und spätestens da fragt man sich – wer ist denn dieses Gegenüber, mit dem es nicht mehr geht, weil sie nur den Ruhm will und er den politischen Inhalt und die Kapitalismuskritik? Die Frage wird dringender noch dazu, wenn Longstreth Ray Charles und sein „We Don’t See Eye To Eye“ zitiert. (Ok, bei mir wird Alan Parsons „Separate Lives“ aufgerufen, aber das ist wahrscheinlich Einzelschicksal.)
Das Gegenüber ist natürlich seine Band- wie auch sonst Partnerin (jetzt Ex-Partnerin) Amber Coffman, und „Dirty Projectors“ wagt es, dreckige Wäsche zu waschen. Longstreth haut aber nicht auf den Putz, sondern hat seine kompositorischen Fähigkeiten offensichtlich sogar noch verfeinert.
Die Arrangements von „Dirty Projectors“ sind durch die Bank so, dass man sich die Finger danach leckt. Man nehme nur „Little Bubble“ – ein Meisterwerk, das aber im Radio nicht funktionieren würde. Dave Longstreth ist wahrscheinlich einer der begabtesten Songwriter dieses Jahrzehnts, das geht aus jedem dieser Songs hervor. Kein Wunder, dass er mit Kanye West und Solange zusammengearbeitet hat. Trotzdem – oder gerade deswegen – ist Einsamkeit hier ein ganz großes Thema. „Dirty Projectors“ fühlt sich intim, aber eben auch einsam an.
Tina Manske
Dirty Projectors: dito.