Eendlich mal wieder Stoff für Frau Mohrs Lieblingsthema: Duos…
Donna Regina: Transient (Karaoke Kalk)
Video „Blitze“:
My quiet riot
Is l’art pour l’art

… diese Zeilen aus dem Song „L’art pour l’art“ gehen glatt als Programm von Donna Regina durch: das aus dem Ehepaar Regina und Günther Janssen bestehende Duo produziert seit beinah dreißig Jahren Musik, für die man irgendwann in den Neunziger Jahren den Begriff „Electronica“ erfand. Donna Regina eignen sich allerdings nicht für Genrezuschreibungen, noch nicht einmal für den Popbetrieb selbst. Ihre nunmehr dreizehn Platten scheinen aus einem ganz eigenen Universum zu stammen, in dem es keinen wie auch immer definierten Wettbewerb zu geben scheint, sondern das sich nur um die Musik dreht. Die Janssens sind keine Stars, gehen ganz selbstverständlich noch anderen Berufen neben dem Musikerdasein nach – und sind doch Vorbilder für viele Musiker*innen, wie das Donna-Regina-Tribute-Album „Dis Cover“ aus dem Jahr 2015 zeigte, auf dem Dani Siciliano, Schlammpeitziger, Mouse on Mars und andere Stücke der Janssens neu interpretierten. Vielleicht ist es ihre Unaufgeregtheit (nicht mit Gleichgültigkeit verwechseln!), die Donna Regina immer wieder schöne Platten machen lässt, die ohne viel TamTam auskommen und doch so fantasievoll klingen: Auf dem neuen Album „Transient“ sind zum Beispiel so viele Sprachen zu hören wie noch nie zuvor bei den Janssens. Englisch, Deutsch – klar; aber auch Französisch, Spanisch und Japanisch, transnational und polyglott. Das Albumcover lässt verschiedene Deutungen zu: Geht vom Meer Bedrohung aus oder befinden sich die kaum sichtbaren Menschen (Touristen?), die da am Strand lagern, im Einklang mit der Natur? Donna Regina geben keine Antworten, sie streuen vieldeutige Sandkörnchen in ihren melodischen Elektropop, der – suchte man nach Vergleichen -, Verwandtschaft zu JaKönigJa und Klee aufweist: die unverbrüchliche Liebe zum Pop geht Hand in Hand mit einer wundersamen Rätselhaftigkeit, die sich, wir erwähnten es bereits, Einordnungen entzieht. „Blitze“ zum Beispiel ist ein echter Indiepop-Hit, eingängig und tanzbar – aber wie ist „Komm lass uns heiraten“ zu verstehen? Ganz ernst oder ironisch? Das lassen die (verheirateten) Janssens freundlich lächelnd offen, enden mit der anti-authentischen Aufforderung „Lass uns so tun“. „Transient“ folgt nicht dem typischen Aufbau eines herkömmlichen Popalbums mit knalligem Einstieg, Höhepunkt bei Track # 5 und danach abebbender Qualitätskurve: Donna Regina leisten sich stilistische und emotionale Kontraste, tanzen in der Achtzigerjahre-Disco und feiern die minimalistische Stille. „Transient“, vorübergehend, flüchtig, vergänglich – das sind diese Songs beileibe nicht: Sie schleichen sich sanft ein und bleiben.
Woog Riots: Cut Up And Paste (From Lo Fi to Disco! / Broken Silence)

Video „Hello Busdriver“
Während Donna Regina gern Rätsel aufgeben, werden die Woog Riots aus Darmstadt (der namensgebende Woog ist ein Badesee mitten in der Stadt) auf ihrem neuen Album sehr deutlich: Silvana Battistis und Marc Herberts Herzen schlagen links, was sie nicht nur mit dem Song „People Reading Marx“ zum Ausdruck bringen. Ihre Trademark-Mixtur aus eingängigem Elektro, angereichert mit Gitarre, Keyboard undTambourin verfängt beim ersten Hören – und dank der sloganartigen Lyrics kann man mit den Woog Riots buchstäblich den Marx tanzen. Oder in „Monstrous Monsters“ kopfnickend gegen die epidemische Kreuzfahrt-Mode protestieren, die Städte wie Venedig an den Rand ihrer Belastbarkeit bringen. Für Silvana und Marc schließt Disco/Tanzen eine linke Punkhaltung nicht aus, im Gegenteil bedingen und befruchten sich diese Pole (wenn man so will) gegenseitig. Die Themen liegen auf der Straße – und die Woog Riots picken sie auf: vom Wunsch nach freundlichem Miteinander („Hello Busdriver“) bis zum unmissverständlichen Anti-Nazi-Song „To all you Racists“ oder Reiseeindrücken aus England, Finnland, Japan ist den Woogies kein Thema fern oder fremd. Apropos „fremd“: wie Donna Regina texten auch Silvana und Marc (neben Englisch) in verschiedenen Sprachen, nur nicht in Deutsch. Aber die beiden denken ohnehin global (siehe/höre „No Borders“) und drehen der Engstirnigkeit eine lange Nase, wie schon der Albumtitel evoziert: Kunst ist für alle da, und so zitieren die Woog Riots in den Lyrics ihre Favoriten von den Specials bis zu The Human League – und covern sogar die Beatles, deren „Revolution“ ein knackig-elektrifiziertes Makeover erfährt. Satt produziert von Jörn Elling Wuttke (Acid Jesus, Alter Ego) ist „Cut Up And Paste“ das musikalisch bisher abwechslungsreichste Album der Woog Riots: von Kraftwerk-ähnlichen Synthie-Flächen bis zu enorm groovenden Discobeats reiht sich Hit an Hit – niemand verbindet Pop und Protest so charming wie die Woog Riots.
Christina Mohr
Bitte beachtet auch unser Gewinnspiel zur Tour der Woog Riots!
http://culturmag.de/allgemein/stagetime-woog-riots-auf-tour/115245
Cut-up and Paste Tour 2019 (präsentiert von CulturMag)
22.03.2019 Darmstadt – 806qm
25.03.2019 Aschaffenburg – Kornhäuschen
27.03.2019 München – Kafe Marat
28.03.2019 Hamburg – Astra-Stube (Labelnight)
29.03.2019 Kiel – Prinz Willy
30.03.2019 Köln – Tsunami
31.03.2019 Offenbach – Hafen 2 (afternoon)
06.04.2019 Berlin – Monarch18.04.2019 Wien – Fluc