Geschrieben am 27. November 2008 von für Musikmag, Porträts / Interviews

Interview mit A Place To Bury Strangers

Leidenschaftlich

„5 – 4 – 3 – 2 – 1 – und alle Lichter gingen aus und alle fingen an zu kreischen und sowas…“ – Ein Interview mit der Band A Place To Bury Strangers. Von Tina Manske

A Place To Bury Strangers waren am 22.11.2008 als Support von MGMT in Berlin zu bewundern. Vor ihrem Auftritt war Sänger und Gitarrist Oliver Ackermann so nett, uns ein paar Fragen zu beantworten. Leider gestaltete sich das Interview etwas schwierig, Teile des Gesprächs wurden von extrem lauter Musik überlagert, da MGMT zur gleichen Zeit zwei Stockwerke tiefer ihren Soundcheck machten. Wie passend jedoch, dass so etwas beim Interview mit einer Band passiert, die selbst als besonders laut gilt. Musste also wohl so sein.

Hier ist jedenfalls der Teil des Gesprächs, der sich rekonstruieren ließ:

Ich muss dich das fragen, obwohl ich nicht glaube, dass du mir antworten wirst, weil du mal gesagt hast, dass du keine Lust mehr hast die Geschichte immer wieder zu erzählen – egal, ich frag trotzdem. Was bedeutet euer Bandname?
Der Bandname stammt aus einem Gedicht von Aleister Crowley, „Aceldama“, das ist ein hebräisches Wort und bedeutet „A Place To Bury Strangers“. Es ist eine biblische Geschichte. Nachdem sie Judas getötet hatten, hatte er noch ein paar Stücke Silber, und das benutzten sie um ein Stück Land zu kaufen, eben „A Place To Bury Strangers“.

Wie kam es dazu, dass ihr MGMT als Support begleitet, wo sind die Verbindungen zwischen euch?
Oh, es gibt mehrere Verbindungen. Wir haben schon vor langer Zeit mit ein paar Leuten von denen zusammengespielt. Für ihren Manager haben wir in Boston ein paar Showcases gespielt. Als wir beim Primavera-Festival in Barcelona gespielt haben, haben sie uns wohl gehört und es hat ihnen gefallen, und da fragten sie uns, ob wir mit ihnen auf Tour gehen wollen.

Seid ihr das erste Mal in Europa?
Nein, das zweite Mal.

Und gefällt dir Berlin?
Ich liebe Berlin – meine Lieblingsstadt in Europa. 2001 habe ich eine ziemlich lange Reise durch Europa gemacht, bin per Anhalter überall hingefahren, und Berlin hat mir am besten gefallen.

Warum hat es so lange gedauert, bis euer Debütalbum rauskam? Die Entstehung der Songs geht ja zurück bis ins Jahr 2003…
Ja, 2003 fing das alles an. Zu Beginn haben wir einfach aus Spaß an der Freude Musik gemacht, wir dachten nicht mal über ein Album nach, wir haben das gar nicht richtig ernst genommen. Wir haben nur versucht immer weiterzumachen, Bandmitglieder kamen und gingen… Als wir dann das Album aufnahmen, haben wir also aus den in diesen Jahren entstandenen Songs wählen können. Als das Label Rocket Girl uns den Vertrag anbot, hatten wir erst ein paar CD-Rs, und sie sagten: Machen wir eine CD. Erst war ich skeptisch, aber es hat sich herausgestellt, dass es doch eine gute Idee war.

Und es ist eine wirklich gute Platte dabei herausgekommen!
Vielen Dank!

Neulich habe ich sie auf meinem CD-Player gehört, noch nicht mal besonders laut, aber als ich damit fertig war, hatte ich trotzdem diesen leichten Tinnitus-Effekt. Da dachte ich: Wow, diese Effektpedale wirken tatsächlich!
Ja klar, wir benutzen ein paar seltsame Frequenzen und experimentieren viel herum…

Du hast ja diese Firma „Death by Audio“, mit der du selbst Effektpedale für Gitarren herstellst und vertreibst. Man könnte also sagen, du bist dein eigener bester Kunde…
(lacht) Auf jeden Fall.

Und die Platte wurde dort in eurem Studio aufgenommen?
Ja, wir haben da auch ein Studio aufgebaut, in einem alten Lagerhaus von 1899 oder so, haben dort Zementwände eingebaut usw…

Und dort finden auch Konzerte statt?
Ja, es gibt dort auch einen Showraum, und es ist wirklich großartig, dass die Leute an uns herantreten und dort Shows machen wollen, man kann dort wirklich tolle Bands hören.

Alles Newcomerbands?
Ja, meistens, manchmal auch welche, die schon etwas etablierter sind, aber meistens Newcomer.

Was sind eure musikalischen Einflüsse – mal abgesehen von den offensichtlichen. Ian Curtis hätte euer Album sicherlich gut gefallen, oder denken wir an My Bloody Valentine…
Ja sicher, da gibt es so viele, seitdem ich mich ins Gitarrespielen verliebt habe: The Cure, Cocteau Twins, Joy Division, all diese Sachen… Und mit der Zeit kam noch die Punkschiene dazu, The Ramones, Dead Kennedys, und letztendlich öffnete ich mich allen möglichen Genres, später diese riesige No-Wave-Szene – viele dieser Bands sind furchtbar, aber einige eben auch ganz großartig, sie haben diese Energie….

Irgendwelche andere Inspirationen? Bücher oder sonstige Kunst?
Auf jeden Fall. Weißt du, wenn man in New York lebt, da gibt es so viele ansässige Künstler, dazu noch jede Menge Shows, Ausstellungen, Galerien, dazu dann noch Bücher… Ich liebe es zum Beispiel zu malen und versuche mich an der Filmemacherei…

Super-8-Filme?
Ja, ich habe keine 16-mm-Kamera, aber ich liebe zum Beispiel das Schneiden. Man sitzt im Tourbus und hat nichts anderes zu tun, also nimmt man den Computer und editiert ein wenig herum…

Da kann man ja in Zukunft einiges erwarten, nicht nur musikalisch…
Wer weiß? Interessen können sich ja ändern. Man sollte immer das tun, wofür man Leidenschaft empfindet.

Ihr seid mal als lauteste Band New Yorks bezeichnet worden…
Ja, manche Leute sagen das über uns…

Was denkt ihr darüber?
Nun, wir spielen mit einer Lautstärke, die wir als angemessen empfinden. Manche Leute empfinden sie als zu laut, aber uns scheint das nicht so. Wir haben auch noch nie ein Konzert von uns besucht.

Wenn man eure Songs hört, könnte man dich für einen pessimistischen Menschen halten.
Ja, ich denke ich bin pessimistisch, wenn man die Tatsache bedenkt, dass die Umstände auf der Welt ziemlich zum Kotzen sind, auf der anderen Seite versuche ich das mit meinem Optimismus aufzufangen.

Also bist du eigentlich eher realistisch.
Ja, so könnte man sagen.

Ihr ward ja auch auf Tour mit Nine Inch Nails. Wie war das?
Das war großartig. Die haben so einen riesigen Produktionsapparat, und die Jungs sind wirklich sehr nett. Nicht mehr solche Partyhengste wie sie’s früher wohl mal waren, alles etwas erwachsener, aber sie sind wirklich sehr hilfsbereit. Es war wirklich verrückt, alle laufen da mit Walkie-Talkies rum, alles ist genau geplant, es gab sogar so einen Countdown: 5 – 4 – 3 – 2 – 1 – und alle Lichter gingen aus und alle fingen an zu kreischen und sowas…

Wenn du einen Künstler, tot oder lebendig, wählen könntest, der heute Abend mit euch auf der Bühne steht – wer würde das sein?
Ich würde sagen Syd Barrett. Das würde ein Spaß werden, total abgespaced.

Wie schade, dass es dazu nicht kommen wird.
Ja, wie schade. Wie schade, dass Pink Floyd zu dem geworden sind, was sie jetzt sind. Meine Meinung.

Das Interview führte Tina Manske.

 

 

Aktuelles Album: A Place To Bury Strangers: s/t. Rocket Girl (Vertrieb: Rough Trade).

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