Schwarzes Loch Berlin
– Mit ihrem aktuellen Album “School of Euphoria” starten die Dänen Spleen United auch hierzulande durch. Ronald Klein sprach mit ihnen über skandinavische Musik, norwegischen Black Metal und das Berliner Nachtleben.
RK: Euer aktuelles Album “School of Euphoria” besitzt Verweise auf urbane Dance Music, Indie, Disco sowie Elektro und Hip-Hop. In den zehn Jahren Eures Bestehens habt Ihr mehrere Metamorphosen durchlaufen.
Spleen United: Das stimmt. Früher war unsere Musik traditioneller Gitarren-Indie-Rock. Dann begannen wir mit epischem Synthie-Pop. Daraus entwickelte sich der sehr groovige Stil, der sich auf „School Of Eurphoria“ wiederfindet. Wiederholung hat uns schon immer gelangweilt, das gilt besonders für das Schreiben von Musik. Ein Wechsel der Instrumente in den Arrangements und sogar der Musikstile ist für uns wichtig.
Womit seid Ihr denn aufgewachsen?
Das lässt sich wie folgt unterteilen: In jungen Jahren, sagen wir mal zwischen dem 6. und 14. Lebensjahr, waren Metallica, Guns’n’Roses, Pantera und andere Metal- und Grungebands wichtig. Zwischen 14 und 19 waren es dann New Order, Kraftwerk, Shoegaze, 80er-Jahre Synthie-Pop und David Bowie.
In den letzten Jahren hat es einen riesigen Hype um skandinavische Bands gegeben. Aber Dänemark zog erst spät nach.
Ja, merkwürdig, oder? Die Schweden waren immer eine Nase voraus. Das sieht man schon bei den Frisuren, die von Schweden nach Norwegen und Dänemark überschwappen, aber nie umgekehrt. Norwegen ist ein sehr großes Land mit tollen Landschaften und durchgeknallten Typen. Es gibt eine Anekdote, an die ich ganz häufig denke und dann nicht schlafen kann. Wir fuhren vor etlichen Jahren durch die norwegische Pampa: Fünf Stunden begegneten wir keiner Menschenseele. Dann erblickten wir ein Haus, das in Flammen stand. Wir hielten an und fragten, ob alles in Ordnung sei. Die Tür öffnete eine wunderschöne, schwangere Frau in einem weißen Kleid. Sie lächelte uns an und verwickelte uns in ein Gespräch. Im Augenwinkel sahen wir zwei Männer auf uns zu rennen. Der eine mit einer Schaufel, die er wie einen Knüppel hielt, der andere hatte ein zerstörtes Gesicht, nur noch ein Auge. Dort wo das zweite hätte sein sollen, prangte ein großes schwarzes Loch. Sie sahen beide nicht so aus, als würden sie ein Schwätzchen halten wollen. Wir sprangen zurück ins Auto, traten aufs Gas und rasten davon. Kurz darauf diskutierten wir über Black Metal, und irgendwie erschloss sich, warum Norwegen so viele dieser Bands hervorbrachte. Um auf die ursprüngliche Frage zurückzukommen: Ich glaube, Dänemark hat einfach nicht so viele gute Bands.
Aber verfügt denn Eure Heimatstadt Aarhus über eine lebendige Szene?
Das ist nett formuliert. Leider ist Aarhus vollkommen tot! Und das schon seit Jahren.
Ihr habt einen Song mit Brigitte Nielsen aufgenommen. In Deutschland wird sie vor allem als 80er-Ikone wahrgenommen resp. als Teilnehmerin von unzähligen Reality-Shows. Was stellt sie denn für Euch dar?
Ganz ehrlich? Genau das gleiche! Die Lyrics in dem Song handeln davon, dass wir alle sterben müssen und dass Einsamkeit unausweichlich ist.
Charmant.
Dass Gitte bei dem Song mitmacht, verleiht dem Lied mehr Authentizität.
Ihr spielt häufig in Berlin.
Oja, eine großartige Stadt. Du kennst die ganzen Orte ja, aber ich möchte an dieser Stelle einfach mal die Bar KaterHolzig empfehlen.
David Bowie hat einen Song über seine Zeit in West-Berlin geschrieben. Es zieht viele Musiker hierher.
Verständlich. Unser Bandmitglied Herr Wehner hat dort ein Jahr gelebt, und unser Drummer möchte auch nach Berlin. Ich habe ehrlich gesagt Angst vor dem Berliner Nachtleben, das wie ein schwarzes Loch wirkt, dich einfach einsaugt. Tagsüber würde ich sehr gerne Berliner sein.
Ronald Klein
Spleen United: School Of Euphoria. Tyger Nation (Alive). Zur Homepage.