Geschrieben am 29. Januar 2014 von für Musikmag

Ja, Panik: Libertatia

japanik_libertatiaKlassenbewusstsein

– Es sind nicht nur gute Zeiten für österreichische Dschungelbewohner, es sind auch gute Zeiten für die österreichische Musik. In wenigen Tagen wird das neue Album von Kreisky erscheinen (wir werden darüber berichten). Und in dieser Woche kommt also „Libertatia“, die neue Platte unserer liebsten Austro-Berliner Ja, Panik. Der Albumtitel nimmt Bezug auf einen mythischen Ort vor Madagaskar, wo im 17. Jahrhundert Piraten ihren Lebensabend verbracht haben sollen.

Ja, Panik transferieren dieses kleine Utopia in die Jetztzeit und erträumen sich im Titelsong eine Gemeinschaft ohne Nation, verbunden nur durch die Menschen, die dabei sein wollen: „One world, one love, no nation – wo wir sind ist immer Libertatia“. Natürlich haben Ja, Panik auch dieses Mal wieder ein ausgearbeitetes Manifest vorgelegt, in dem heißt es unter anderem: „LIBERTATIA ist übers Geld reden … In gewissen Momenten in der Kunst des Krieges sind Orte und Freunde strategischer als Waffen und Schilder. LIBERTATIA ist dieser Moment. … LIBERTATIA ist Klassenbewusstsein.“

Darüber kann man in der Ecke sitzen und grübeln. Am besten aber bewegt man sich dazu, das macht das Nachdenken leichter. „Wir haben eine Anti-Songwriter-Platte gemacht. Das war die Aufgabenstellung“, sagte Andreas Spechtl neulich dem Wiener Standard. „Libertatia“, produziert von Tobias Levin, ist eine politische, dabei aber tatsächlich ausnehmend tanzbar geratene Platte. Schon im Namen trägt den Tanz, den man auf dem Vulkan aufführen kann, der Titel „Dance The ECB“, in dem Andreas Spechtl vorschlägt: „Dance the ECB, swing die Staatsfinanzen/ sing ihnen ihre Melodie/ zwing sie zum Tanzen“.

Dazu versorgen sich Ja, Panik aus der afrikanischen Rhythmuskiste, was ihnen extrem gut steht. „Libertatia“, so kann man die Botschaft verstehen, ist ein Ort, den man nicht auf der Weltkarte findet, sondern überall da, wo sich Menschen zusammenfinden, die sich verstehen, eventuell lieben sogar. Ein Ort in uns allen. Im schon gewohnten und zum Markenzeichen der Band avancierten Deutsch-Englisch erzählt Spechtl davon.

Dass es Ja, Panik um den Frieden und nicht um den Kampf zu tun ist, merkt man an so schönen Titeln wie „ACAB“, das im Universum von Ja, Panik nicht für „All cops are bastards“ steht, sondern für „All cats are beautiful“. Im Opener und Titelsong heißt es in einer Mischung aus Nostalgie und Aufbruch: „Ich wünsch mich dahin zurück, wo’s nach vorne geht/ ich hab auf back to the future die Uhr gedreht“ – vielleicht bringen diese Worte den Geist von LIBERTATIA am besten auf den Punkt. Große Platte, wieder mal.

Tina Manske

Ja, Panik: Libertatia. Staatsakt (Rough Trade).

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