Intime Nähe
Die ehemalige „Rainbird“-Sängerin Katharina Franck findet zu ihren musikalischen Wurzeln zurück und lädt die Hörer ihres neuen Albums „First Take Second Skin“ auf eine intime Entdeckungsreise ein. Von Jörg von Bilavsky
Die Stimme kommt einem auch nach Jahren vertraut vor. Die klar akzentuierte Sprachmelodik, die aus- und abschweifende Phrasierung und das leidenschaftliche Timbre lassen sofort an Katharina Franck denken. Trotzdem werden wir nicht in die Zeiten der Rainbirds zurückversetzt, an die uns ihre Stimme unweigerlich erinnert.
Katharina Franck, die in den letzten Jahren allerlei Experimente mit deutschem Sprechgesang gemacht hat, pflegt in ihrem neuesten Album „First Take Second Skin“ wieder die Liebe zur englischen Sprache. „Ich finde es im Englischen viel einfacher, die Sprache mit meinem Rhythmusgefühl zu verbinden“, sagt sie. Recht hat sie, wenn man in ihre 13 neuen Songs reinhört. Trotz aller atmosphärischer Variationen haben ihre Lieder immer eins gemein: den ganz individuellen Groove. Besonders auf dem ersten Titel des Albums „As A Matter Of Fact“ und dem dritten „Sort Of“ schlägt sie einen unverwechselbaren Takt an. Halb gesprochen, halb gesungen, schmiegen sich die Textzeilen dem Rhythmus an.
Variationsreicher Folk-Pop
Auch in den anderen Songs spielen Drums und Percussions eine wichtige Rolle. In „These Better Days“ geben die Schlaginstrumente ebenso den Takt an wie in „Good Fortune“. Ansonsten regiert aber Francks Lieblingsinstrument: die Akustikgitarre. Mit ihr begleitet, untermalt oder forciert sie die durchweg gefühlvollen Songs. Oberflächlich klingen ihre Kompositionen deshalb oft nach solidem Folk-Pop. Aber immer wieder bedient sie sich auch anderer Stilelemente. Rockige Gesangspassagen finden sich in „Y-Tracks To Get By“ oder „Manic Depression“. Und die Trompete in „Big Pale Blue Ol‘ Love“ entführt in einsame Bars mit melancholischer Lounge-Musik. Aber es geht auch fast ohne Instrumente wie in „Good Til Now“. Hier bilden die akustischen Gitarrenklänge nur noch den Schatten ihrer Stimme.
Ihre Musik könnte man stilistisch zwischen den Cranberries, Annie Lennox und Patti Smith ansiedeln. Doch jeder Vergleich verbietet sich, wenn man sich ihre intimen Texte und die charakteristische Klangfarbe ihrer Stimme ins Gedächtnis zurückruft. Nur sie kann die ihren Songs innewohnenden „Seelenzustände“ adäquat zum Klingen bringen. Am eindringlichsten gelingt ihr dies mit der Coverversion des Jimi Hendrix-Titels „Manic Depression“, wo Gesang und E-Gitarre zu einem verzerrenden Gleichklang finden.
Doch auch in allen anderen Songs gehen Text, Gesang und Musik eine perfekte Symbiose ein. Katharina Franck hat mit diesem Album ihre kleine intime Gefühlswelt vor uns ausgebreitet. Wer in sie eintaucht, kann entspannte, aber auch nachdenkliche Minuten erleben.
Jörg von Bilavsky
Katharina Franck: First Take Second Skin. Skycap Records, RTD 301.2175.2 (Vertrieb: Rough Trade).
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