Geschrieben am 2. November 2016 von für Musikmag

Lambchop: Flotus

lambchopFuture Retro

Kurt Wagner hat sich in den langen Jahren des Bestehens von Lambchop nie auf seinen Lorbeeren ausgeruht, von denen es wahrlich viele gab. Und auch „Flotus“ das neue Album der Band aus Nashville macht da keine Ausnahme. Wagner wäre nicht Wagner, würde er seinen Hörern nicht auch mit 57 etwas Überraschendes bieten, ohne dabei seine Wiedererkennbarkeit zu verlieren. Vorboten dieser subtilen Veränderung war das Album „The Diet“ seines Seitenprojektes HeCTA, erschienen 2015, wo elektronische Effekte bereits ausführlich ausprobiert wurden. Nun also das Meisterstück.

Schon der Opener ist ein Statement, mit seinem kryptischen Titel „In Care Of 8675309“ und um die zehn Minuten Spielzeit. In steter Wiederholung von Strophe – Refrain – Strophe, ohne Überraschungen abseits des langsam dahinfließenden Flusses der Lyrics, bettet der Song den Hörer in eine Wattewolke, die einen dennoch nicht einlullt. Herzlich willkommen in Lambchops Welt, kann man da nur sagen. Am anderen Ende des Albums korrespondiert „The Hustle“ mit seinen 18 Minuten mit dem Opener. 18 Minuten, in denen es so wunderbar daherpluckert, melancholisch und hoffnungsfroh zugleich, und nicht ganz so monoton wie bei „8675309“. Als man sich schon fast damit abgefunden hat, dass es wohl bald ein Ende hat, nimmt der Song wieder Fahrt auf („Do the hustle!“). Beide epischen Songs enden mit einem leisen Piano, und dazwischen liegt eine poetische und abwechslungsreiche Reise durch ein Folkalbum, das sich so gar nicht nach einem solchen anhört – in etwa wie Bon Iver es mit „22, A Million“ gemacht hat.

Die elektronischen Spielereien aber sind mehr als das. Ziel des Albums war es, Wagners Stimme zum Hauptakteur zu machen. Und so darf sie ihre Möglichkeiten voll ausspielen, wird durch Sampler und Vocoder gejagt, Filter und Sequencer damit beauftragt. Wagner will sich mit „Flotus“ ausdrücklich vor modernen Hip-Hop-Helden wie Kendrick Lamarr verbeugen, erinnert aber mit seinem Falsett auch manches Mal an die Vertreter der Queer Pop wie Blood Orange und Frank Ocean.

Tina Manske

Lambchop: Flotus. City Slang (Universal).