Unsere Frau für diesen Sommer – mindestens!
Sie wird mit Grace Jones verglichen, mit Björk und Billie Holiday. Dabei ist die in Ruanda geborene und seit einigen Jahren in Berlin lebende Sängerin, Musikerin, Texterin und Performerin Barbara Panther so einzigartig wie nur wenige andere Künstlerinnen. Sie liebt spektakuläre Kostüme und Verkleidungen, ihre Auftritte bleiben jedem im Gedächtnis, der schon mal das Vergnügen hatte, sie live zu sehen. Die im vergangenen Herbst veröffentlichte EP „Empire“ machte sehr neugierig auf ihr jetzt erscheinendes Album, das von Matthew Herbert produziert wurde – der aber, und das ist unbedingt hervorzuheben, zu Barbaras Tracks außer ein paar Soundideen nicht viel beizusteuern hatte. Barbara Panther hat nicht nur eine äußerst prägnante und unverwechselbare Stimme, sie schreibt auch tolle Songs im Spannungsfeld von Elektro, Soul und Hip-Hop. Die Vorab-Single „Empire“ ist eine wütende Abrechnung mit dem Machtmissbrauch verschiedener Religionen, der Albumopener „Rise Up“ ist ein wahrer Weckruf für alle, die es sich in ihren Verhältnissen gemütlich eingerichtet haben. Auf „Voodoo“ fahren die Beats Achterbahn, und im romantisch angehauchten „Moonlight People“ kann man zu sanften Calypsorhythmen tanzen. Barbara Panther ist lustig, gefährlich, unerschrocken und wagemutig. Unsere Frau für diesen Sommer – mindestens! Christina Mohr hat Barbara Panther ein paar Fragen gestellt…
Christina Mohr: Du sagst, dass es für deine Musik nicht wichtig sei, woher du kommst und wo du lebst; dass du vom Universum, dem Mond und Wasser inspiriert wirst – warum hast du dich entschieden, in Berlin zu leben und zu arbeiten? Was macht diese Stadt für dich und für KünstlerInnen allgemein so interessant?
Barbara Panther: Berlin scheint immer „under construction“ zu sein und hat außerdem eine immer noch sehr präsente Geschichte. Deshalb hat Zeit in Berlin eine ganz andere und neue Dimension als in anderen großen Städten. Berlin hat außerdem viel Platz, das befreit deine Gedanken. Und es herrscht große Offenheit für Experimentelles aller Art und nicht so viel Druck wie in anderen Metropolen. Du kannst dir so viel Zeit nehmen wie du willst, um in deinem Laboratorium zu verschwinden und dein eigenes Zeug zu erfinden.
CM: Magst du die Berliner?
BP: Es gibt hier so viele verschiedene Typen von Leuten – wie überall, schätze ich. Aber ich habe das Gefühl, dass es in Berlin sehr viele Menschen gibt, die sich auf ihre ganz eigene, spezielle Art ausdrücken wollen. Und in Berlin geht das sehr gut.
CM: Welcher Song von deinem Album ist dir selbst am Wichtigsten?
BP: Sie sind alle wichtig für mich, sie kamen auf ihre eigene Weise zu mir. Jeder benötigte ein persönliches Quantum Zeit zum Wachsen und Reifen, sie mussten ihre eigenen Stimmen, Sounds und Identitäten finden. Alle Songs sind Teile von mir.
CM: Mir gefällt, dass du von der wütenden und politisch bewussten Agitatorin („Rise Up“, „Empire“) zur liebestrunkenen Sängerin („Dizzy“) hin- und herswitchen kannst – und alles auf derselben Platte.
BP: Einige der Songs entstanden in komplett unterschiedlichen Lebensspannen – dieses Album ist völlig impulsiv geschrieben worden und nicht im Voraus geplant. Die Songs sind eine Kollektion tief empfundener Eindrücke und Entdeckungen, wie eine Sammlung von Short Stories.
CM: Wenn man dich auf der Bühne sieht, bekommt man sofort das Gefühl, dass du die geborene Performerin bist. Ist das so, fühlst du dich auf der Bühne besonders wohl oder bist du vor Auftritten aufgeregt?
BP: Bevor ich auf die Bühne gehe, bekomme ich einen heftigen Adrenalinstoß, so als würde ein Meteorit in meinen Bauch einschlagen. Das kann manchmal ein bisschen zu viel sein, aber sobald ich auf der Bühne bin, weiß die Energie, was sie zu tun hat. Dann fühle ich mich sehr sicher auf der Bühne, fühle mich dort richtig zuhause.
CM: Wie lief die Zusammenarbeit mit Matthew Herbert?
BP: Es war ein sehr organischer und kreativer Prozess. Die Songs des Albums waren bereits geschrieben, sodass genug Raum blieb für Experimente mit Sounds und ungewöhnlichen Objekten wie Eisenketten und Wasser.
CM: Das Presseinfo zu deinem Album betont, dass du deine Musik und Texte selbst machst und dass Matthew Herbert ausschließlich als Produzent für dich gearbeitet hat – wann hast du mit dem Komponieren und Texten begonnen? Und wann war klar für dich, dass du als Barbara Panther auftreten willst?
BP: So schwierig es ist, Zeit zu definieren, genauso schwierig ist es für mich zu sagen, wann ich angefangen habe, Texte zu schreiben. Als ich vier Jahre alt war, habe ich in einem Chor gesungen, später ging ich auf die Musikakademie; ich habe also mein ganzes Leben lang Musik gemacht, und weil es sich immer natürlich für mich anfühlte, war es keine bewusste Entscheidung für mich, Musikerin und Sängerin zu werden. Ich glaube, die Lyrics existierten schon die ganze Zeit in meinem Kopf, ich hatte sie nur noch nicht in konkreten Worten aufgeschrieben.
CM: Du wirst oft mit Björk (wegen deiner Stimme) und Grace Jones (wegen deiner Aufsehen erregenden Performances) verglichen. Freuen dich solche Vergleiche oder empfindest du sie eher als Einschränkung?
BP: Ich denke, dass es sehr menschlich ist, den Dingen einen Namen zu geben und Vergleiche zu ziehen, damit man Sachen verstehen kann, mit denen man noch nicht vertraut ist. Wenn Leute glauben, mich mit diesen beiden fantastischen Künstlerinnen vergleichen zu müssen, kann ich sie nicht aufhalten… Aber es wäre mir natürlich eine große Freude, wenn die Menschen auch in der Lage wären, Barbara Panther zu sehen!
CM: Welche anderen KünstlerInnen schätzt du?
BP: Es gibt eine Menge Künstler da draußen, die ich für ihre Arbeit bewundere. Besonders diejenigen, die sich trauen, Grenzen zu überschreiten und der Kunst neue Impulse zu geben. Und diejenigen, die keine Angst davor haben, sich vorzustellen, was hinter den schwarzen Löchern im Universum ist!
CM: Wenn man sich die aktuellen Charts anschaut, bekommt man den Eindruck, dass es so viele weibliche Popstars wie noch nie gibt – Lady Gaga, Katy Perry, Natasha Bedingfield und wie sie alle heißen. Wie sind deine Erfahrungen – ist es für Frauen im Popgeschäft heute einfach?
BP: Ich habe keine Ahnung, was in den aktuellen Charts passiert, aber ich hoffe und glaube, dass es den Fans um Inhalt und Qualität der Musik und um die KünstlerInnen geht und nicht um das Geschlecht. Und weißt du was? Ich habe gehört, dass auch Vögel und andere Tiere großartige Musiker sein sollen! Vielleicht schaffen die es ja auch mal in die Charts!
CM: Mit welcher Person (tot oder lebendig) würdest du gern auftreten?
BP: Mit Charlie Chaplin! Weil er in jeder Hinsicht ein Genie ist!
Christina Mohr
Barbara Panther: s/t. City Slang (Universal).Die Künstlerin auf Myspace und bei Facebook. Die Website von Barbara Panther.