Dada im Beat-Hop
Während die Beatles brav davon sangen, wie gern sie die Hand eines Mädchens halten wollten, hatten die Monks die Dialektik von Beziehungen schon sehr viel besser verstanden und brüllten: „I hate you with a passion, baby! But call me!“ Neue Veröffentlichungen feiern eine große Band. Von Tina Manske
Wir schreiben das Jahr 1966; in den deutschen Städten sind die Besatzungstruppen der Alliierten unübersehbar, abends in den Bars hängen GIs rum, während man den Mädchen eintrichtert, sich bloß nicht mit diesen Ex-Feinden zu treffen, die zur gleichen Zeit den eisernen Vorhang zu den Mächten des Warschauer Pakts sichern. Solcherart ist die Stimmung in der jungen Bundesrepublik Deutschland, als fünf Amis, angespornt durch ihr Idol Elvis Presley, ihren Dienst in der Army weit entfernt von der Heimat verrichten: Gary, Larry, Dave, Roger und Eddy gründen zusammen die Beatband „The 5 Torquays“ und tingeln – leidlich erfolgreich – durch kleine Vorstadt-Clubs in Hessen. Alles ändert sich jedoch, als sie zwei deutsche kunstaffine Manager kennenlernen, die aus der Band ein Ereignis machen. Die Haare werden zur Tonsur geschnitten (natürlich auch als Protest gegen die Pilzköpfe der braven Beatles), man trägt nur noch schwarz und dabei einen Strick als Krawatte um den Hals – die Monks sind geboren, die vielleicht erste Konzeptband der Geschichte. Sie werden zu einer der wegbereitenden Bands des letzten Jahrhunderts. Vor einigen Jahren gab es sogar eine Reunion, und man konnte die Monks bei ausverkauften Konzerten noch einmal in Aktion sehen.
In diesen Tagen erscheinen mehrere Veröffentlichungen, die diese außergewöhnliche Band beleuchten und feiern, allen voran der mit dem Grimme-Preis ausgezeichnete Film „The Transatlantic Feedback“. Mit seltenen Originalaufnahmen, Interviews mit den Protagonisten sowie mit Fans und Zeitzeugen lässt dieser Film nicht nur die Geschichte der Monks nachvollziehen, sondern gibt auf sehr eindrucksvolle Weise das Zeitkolorit der bundesdeutschen 60er-Jahre wieder. Es wird schnell klar, dass diese Band etwas besonderes war: man handelt sie nicht nur als erste echte Rock’n’Roller, sondern auch als Miterfinder von Heavy Metal, Industrial und Techno. Niemand war damals so hart wie sie: Während die Beatles brav davon sangen, wie gern sie die Hand eines Mädchens halten wollten, hatten die Monks die Dialektik von Beziehungen schon sehr viel besser verstanden und brüllten: „I hate you with a passion, baby! But call me!“ zu einem minimalistischen, martialischen Beat. Es ist wundervoll, Dave Day zuzuhören, dem Mann am Banjo (früher Rhythmusgitarre), wie er während des Interviews die alten Songs nachspielt (zu sehen in den auf der DVD enthaltenen Outtakes des Films): Mehr als zwei Akkorde benötigt er kaum einmal. „That’s all I did“, sagt er immer wieder, und doch war es insbesondere sein kompromissloses, elektrifiziertes Gedengel, das die Musik der Monks unverwechselbar machte.
Unglaublich modern
Auch wenn sie in „Monk Time“, dem ersten Song ihres einzigen Albums „Black Monk Time“ gegen den Vietnam-Krieg wetterten („Why do you kill all those kids over there in Vietnam? Mad Vietkong! My brother died in Vietnam. James Bond, who is he? … Pussy Galore is coming down and we like it. We don’t like the Atomic bomb“) – die Monks waren keine politische Band. Songs wie „Drunken Maria“ spiegeln das – es ist ein Spaßsong, einzig und allein geschrieben, um auf die Pauke zu hauen, während Songtitel wie „Higgle-Dy – Piggle-Dy“ nicht mehr und nicht weniger sind als der Versuch, Dada in den Beat-Hop zu integrieren. Mehr als das nötigste an Text gab es eh nicht, die Musik sprach für sich. Und doch gibt es einen politischen Impetus, der direkt in der immensen Energie dieser Band wurzelt. Hans-Jochen Irmler (Mitglied der Band Faust) bringt es im Film auf den Punkt: man hätte „die 68er-Revolution zwei Jahre eher … haben können, wenn man die Musik der Monks doch nur begriffen hätte.“
Pünktlich zum Erscheinen der DVD bringt Polydor/Universal das Album „Black Monk Time“ wieder in die Läden. Bereits zu haben sind die Releases „Silver Monk Time – A Tribute To The Monks“ (Play Loud! / SPV) und „Monks – Demo Tapes 1965“ (Play Loud! / Broken Silence). „Black Monk Time“ sei jedem ans Herz gelegt, der sich nicht nachsagen lassen will, er habe eines der maßgeblichen Alben der Musikgeschichte des 20. Jahrhunderts nicht gehört. Noch heute packen einen die Songs sofort, sie sind unglaublich modern und präsent. Ebenfalls dieser Tage erscheint der Tribute-Doppel-CD-Sampler „Silver Monk Time“ mit Beiträgen unter anderem von Fehlfarben, Mouse on Mars, The Gossip, Gudrun Gut, Die Goldenen Zitronen, Alexander Hacke und The Fall. Schon allein an diesem exklusiven Line-up merkt man, was man den Monks zu verdanken hat. Es wird also Zeit, sie (wieder) zu entdecken: „It’s big time, it’s hot time, it’s Monk time!“
Tina Manske
Titelangaben:
Monks: The Transatlantic Feedback. play loud! (Vertrieb: SPV). Erscheint am 13. März.
Monks: Black Monk Time. Polydor (Vertrieb: Universal). Erscheint am 13. März.
Monks: Demo Tapes 1965. munster/play loud! (Vertrieb: Broken Silence).
Various: Silver Monk Time. A Tribute To The Monks. play loud! (Vertrieb: SPV).
Reinschauen:
Zur Homepage zum Film „Monks – The Transatlantic Feedback“http://www.playloud.org/themonks.html