Eingängig ohne aufdringlich zu sein
Sufjan Stevens hat vor einigen Jahren einmal Konzept-Alben nach amerikanischen Bundesstaaten benannt. Aktuell gibt es zwei Künstler, die für ihre EPs, das gibt’s tatsächlich noch, EPs meine ich, Namen von Städten verwenden. Einer meiner Pop-All-Time-Favourites Joe Jackson hat auf seinem neuen Album vier EPs vereint, die nach den Städten, in denen sie aufgenommen wurden, New York, Amsterdam, Berlin und New Orleans, benannt sind. Sogar in ihrem Bandnamen hat die Münsteraner Band „Them Cities“ Städte verortet und im letzten Jahr drei EPs mit dreizehn nach Städten benannten Songs veröffentlicht.
Joe Jackson, so sehr ich ihn auch schätze, hat sich ab und an auch schon mal mit Projekten verhoben in seiner Karriere. Man denke an seine Ausflüge in die Klassik, und auch seine jüngste Hommage an Duke Ellington fand ich so lala. Großartig ist er allerdings, wenn er einfach Pop-Songs spielt, und das macht er auf seinem neuen Werk „Fast Forward“ mal wieder, das die vier EPs vereint.
Das Highlight ist aus meiner Sicht die New York-EP zu Beginn, wo neben Jackson’s Buddy Graham Maby die beiden Jazz-Größen Bill Frisell und Brian Blade dabei sind. Es geht zwar etwas schläfrig los – mit dem Titelstück „Fast Forward“. Danach aber schon eine Pop-Perle „If it wasn’t for you“, die ganz in der Tradition des großen New York-Albums von Jackson aus den 80ern „Night and Day“ ist. Dann ein New York-Klassiker schlechthin: „See no evil“ von Television. Die nölige Stimme von Jackson passt hierzu bestens, und das klingt ganz nach der alten Joe-Jackson-Band. Mein Lieblingslied „Kings of the city“ beendet die erste EP. Hier könnte man sich auch Paddy McAloon als Sänger und Komponist vorstellen. „Come with me up on the roof at night – you know, we’ll be kings of the city and look at the lights“ – ein großer Pop-Moment.
Danach geht es nicht ganz so spektakulär weiter. Auf den anderen drei EPs sind auch einige tolle Songs, insgesamt überzeugt aber nicht jedes Lied. Hochgradig radiotauglich ist sicher „A Little Smile“, „Pour Thing“ besitzt hymnischen Charme, „Satellite“ klingt nach Steely Dan und „Junkie Diva“ marschiert kräftig nach vorne. Etwas schwülstig kommt allerdings die eine oder andere langsame Nummer rüber und auch die Kreuder/Beckmann Komposition „Goodbye Jonny“ gehört in die Kategorie „etwas überambitioniert“. Unterm Strich ist „Fast Forward“ aber ein zugleich zeitgemäßes als auch zeitloses Album im langen Katalog von Joe Jackson.
Them cities ist eine Band aus Münster, deren Mitglieder schon bei diversen anderen Combos ihre Lorbeeren eingefahren haben. „Lancaster“, „Stars play music“ oder „Green apple sea“ sind durchaus auch einem überregionalen Publikum ein Begriff. Die Band benennt alle ihre Songs nach Städtenamen, die man aber, um mich mal zu outen, mit normalen Erdkundekenntnissen nicht unbedingt kennen muss, oder wer kennt Ogunquit, Hollum und Antananarivo?
In den letzten Monaten sind nun drei EPs erschienen, 1-4, 5-8 und 9-13 betitelt. Auf den Platten ist eine gitarrenbetonte, sehr melodiöse, manchmal vertrackte Musik zu hören, die sicher Anleihen bei anderen macht, aber doch sehr eigenständig klingt. Die Texte haben mit den Städten, so die Band, eher nichts zu tun. Das hat mich dann beruhigt, da ich in den Liedern verzweifelt nach Bezügen gesucht hatte. „Wir machen uns jedenfalls selten große Gedanken über den tieferen Sinn der Worte, die wir singen…oft sind es auch einfach nur Wörter und Sätze, die schön klingen oder uns aus anderen Gründen gefallen“, so die Band selbst zu ihren Texten.
Noch manchmal etwas unnötig verschachtelt kommt die erste EP rüber, die hohe Melodieaffinität der Songs ist aber schon erkennbar. Auf der zweiten EP traut sich die Band schon mehr, die Produktion ist cremiger, alles irgendwie runder. Meine Highlights sind hier das schon erwähnte „Hollum“ und „Fresno“. Und nochmal eine Schippe drauf legen Them Cities mit EP 3. Wunderbar eingängig ohne aufdringlich zu sein kommt z.B. der Opener „Rome“ daher und verhakt sich prima in den Gehörgängen. Oft starten die Songs mit dem Refrain – „Rome“ besteht eigentlich aus zwei Refrains, das macht man auch nur, wenn man ausreichend Melodien im Gepäck hat. Das Tempo wird etwas angezogen, der Gesang ist mehrstimmig und variantenreicher. Ähnlich eingängig sind „Antananarivo“ und zum Abschluss „Oslo“. „We’ve got to praise the lord, we’ve got to save the word“. Insgesamt eine klare Steigerung über alle drei Scheiben was Songmaterial und Produktion angeht. Wir warten auf „14-x“…
Wolfgang Buchholz