Sehr charmant
– Sarah Neufeld kennt man bisher als Violinistin und Komponistin, insbesondere aber als Teil der kanadischen Band Arcade Fire. Mit ihrem vierten Album macht sie nun auf „The Ridge“ – nach dem eher minimalistische gehaltenen „Hero Brother“ – die Violine zu einem wahren Popinstrument. Wenn man sich in diese zunächst ungewohnten Klangwelten erst einmal eingehört hat, wird man fasziniert mit offenem Mund dastehen.
Über die Genialität von „We’ve Got A Lot“ zum Beispiel komme ich immer noch nicht hinweg: das sollte man mal nachts um drei in einer Disco spielen und sehen, wer mit diesem zwischen 5/8- und 7/8-Takt changierenden Track tanzend klarkommt – überwältigend und mitreißend. Überhaupt spielt Neufeld gern mit dem Kontrapunkt von Rhythmus und Melodieführung, sodass die Spannung über die gesamte Albumlänge erhalten bleibt.
Unterstützt wird Neufeld dabei durch Duo-Partner Colin Stetson, Elektro-Musiker Tim Hecker und Jeremy Gara, den Drummer von Arcade Fire. Den unbedingten Popappeal der kanadischen Band Band legt sie denn auch zu keinem Zeitpunkt ab, bestens bemerkbar zu Beginn und im Mittelteil von „The Glow“, das fast uplifting daherkommt, bevor es am Ende in einer düsteren Dystopie versinkt, begleitet vom Herzschlag des Desasters. Gesanglich geht es nebulös zu – viel Hall, viel Ehr. Die Streichinstrumente behalten immer die Oberhand.
Am Ende von „A Long Awaited Scar“ geht es dann schon fast Richtung irischem Volks- und Linedance. Ein Rhythmus, zu dem auch der Letzte mitmuss. Zu diesem Zeitpunkt ist man aber schon längst Neufelds mutigem Charme erlegen.
Tina Manske
Sarah Neufeld: The Ridge: Paper Bag Records (Indigo).