Geschrieben am 26. November 2009 von für Musikmag

Savoy Grand: Accident Book

Savoy Grand: Accident BookSchnell und unbewegt

Songs, deren Schönheit sich im Schneckentempo aus dem Haus schält, denen man bei der Entpuppung zuhören kann – und ein paar Fragen an Graham Langley. Von Tina Manske

Ein neues Savoy-Grand-Album gibt es nicht oft, denn die englische Band lässt sich beim Komponieren genauso viel Zeit wie bei den Songs selbst. Wenn jemand den Begriff Slow-Core entscheidend geprägt hat, dann ist es die Formation um den Songwriter und Multiinstrumentalisten Graham Langley. Auch „Accident Book“, Savoy Grands mittlerweile viertes Album, ist voller Songs, deren Schönheit sich im Schneckentempo aus dem Haus schält, denen man bei der Entpuppung zuhören kann. Die späten Talk Talk werden immer wieder als Vergleich herangezogen, was sicher nicht falsch ist, doch spielen Savoy Grand schon längst in ihrer eigenen Liga. Immer wieder schaffen sie es, die Unzulänglichkeiten des Lebens in positive Energie zu verwandeln; dazu verwenden sie oftmals einen langen Anlauf in der Strophe, der in einen extrem austarierten Refrain mündet. Dazu werden Instrumente eher gestreichelt als gespielt. Songs wie „Day Too Long“ oder „Last Night o­n Earth“ möchte man immer wieder hören, weil sie sich nicht beim ersten Mal erschließen, sondern sich wie Muscheln öffnen.

Graham Langley war so nett uns ein paar Fragen zu beantworten.

Auf dem neuen Album gibt es die Zeile: „You can’t change the world with a song“. Ich finde mindestens einige eurer Songs können das doch, die Welt verändern. Und ich denke du glaubst auch an diese spezielle Kraft der Musik, oder?

Ja, ich glaube schon. Diese Zeile ist aus dem Lied „Day Too Long“ und ist wahrscheinlich inspiriert durch meine Erfahrungen mit Leuten, die wirklich mit Leidenschaft an die Musik glauben. Ich selbst bin ein ziemlicher Zyniker, ich finde diese extreme Leidenschaft etwas seltsam. Aber ich sehe auch, dass das, was ich da denke ziemlich traurig ist. Ich wünschte ich könnte so sein, so leidenschaftlich. Es ist kompliziert. Ich bin gezwungen Musik zu machen, aber manchmal kämpfe ich auch damit, den Sinn darin zu sehen. Ich denke so geht es vielen Musikern.

Was wäre deiner Meinung nach die ideale Stimmung, um eine Platte von Savoy Grand zu hören?

Beim Reisen, während man aus dem Fenster sieht. Wenn man die Gedanken schweifen lassen kann. Im Halbschlaf. Als ob du getragen wirst. Sicher und warm, denke ich.

Was hat es mit den schönen „Pigtures“ auf dem Cover auf sich?

Unsere Cover waren bisher immer ziemlich abstrakt, dieses Mal wollte ich etwas Physischeres haben – ein Lebenszeichen. Nicht notwendigerweise menschlich. Im Norden von Nottingham gibt es jede Menge Land, wo sie Schweine züchten, und ich fand schon immer, dass die ziemlich schön aussehen. Wir haben viele Bilder von den Schweinen gemacht, und die besten waren die, die so gar nicht geplant waren, wo die Kamera versagte und die Fotos zufällig wurden… Was zum Titel des Albums ja ganz gut passt.

Wenn man sich eure Albumcover anschaut, dann gibt es da meistens etwas Verschwommenes, als ob die Kamera stundenlang ein einer Stelle stillgestanden hätte, während der Rest der Welt weitergemacht hat mit seinem Irrsinn. Ist da ein versteckter Sinn dahinter? Und würdest du sagen, eure Musik ist cinematografisch?

Das ist ein schöner Gedanke – ich mag die Vorstellung, dass etwas so schnell sein kann, dass es schon wieder unbewegt aussieht. Und das ist das Gefühl, das wir auf den Fotos festhalten wollten. Aber es steckt kein großer Plan dahinter. Ich würde schon sagen, dass unsere Musik cinematografisch ist, sie lässt viel Raum für die Imagination.

Hast du eigentlich immer noch deinen verhassten Daytimejob oder lebst du jetzt einfach deinen Traum?

In den letzten Jahren hatte ich mich mit meinem Job arrangiert, war ganz glücklich einen zu haben, er begann mir sogar Spaß zu machen. Dann wurde ich entlassen… Also lebe ich jetzt ganz entschieden meinen Traum und arbeite an einem Plan der sicherstellt, dass der Traum nicht zum Alptraum wird…

Wenn du Songs komponierst, was ist zuerst da, der Text oder der Sound?

Beides. Keins von beiden. Im Moment wohl eher die Musik. Das kommt in Zyklen. Ich fühlte mich früher immer eher als Poet, aber jetzt kommt die Inspiration definitiv mehr aus der Musik. Ich denke darüber nach mal rein instrumentale Musik auszuprobieren und würde gern mehr Musik für Film und TV komponieren.

Tina Manske

Savoy Grand: Accident Book. Glitterhouse Records (Vertrieb: Indigo).

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