Geschrieben am 21. Januar 2015 von für Musikmag

Schneider Kacirek: Shadows Documents

schneiderkacirek_shadowsdocumentsSchneider Kacirek: Shadows Documents

– Wenn anlässlich eines Projektes Kenia auf Krautrock bzw. „Krautronics“ trifft, sind wir hier beim MusicMag natürlich traditionell infiziert und interessiert. Noch dazu, wenn es sich bei den handelnden Personen um Musiker wie Stefan Schneider und Sven Kacirek handelt. Stefan Schneider ist Gründungsmitglied der großartigen Bands Kreidler und To Rococo Rot (die leider kürzlich ihre Auflösung bekanntgab). Sven Kacirek hat bereits mit unterschiedlichen Musikern der elektronischen Indieszene wie Nils Frahm oder Hauschka zusammengearbeitet.

Kacirek und Schneider überführen die Besessenheit des Krautrock mit seinem Schlagzeug in eine Besessenheit mit den Möglichkeiten des Synthesizers. Aus dem mechanischen Menschen, der – wie etwa Jaki Liebezeit – stoisch den Beat schlägt, wird eine die Technik umarmende Wärmekammer. In den besten Momenten erschaffen Schneider Kacirek dabei ebensoviel seelenvolle Plusgrade, wie man es sonst tatsächlich nur von Kreidler kennt.

Ihren Ursprung hat „Shadows Documents“ in einer vom Goethe-Institut initiierten Reise nach Kenia, bei der Schneider und Kacirek traditionelle afrikanische Musik aufnahmen. Doch anders als auf den bisher erschienenen Field Recordings haben sie dieses Mal das Rohmaterial weiter elektronisch bearbeitet. Und natürlich haben afrikanische Rhythmik und Krautrock (mindestens) ein wichtiges Element gemeinsam: die Repetition, die als Ziel eine Art Trance hat. Sven Kacirek hat mit seinen „Kenya Sessions“ vor einigen Jahren bereits beeindruckend vorgelegt.

„Shadows Documents“ ist ein Monster. Bei „To Microphone“ ist der afrikanische Rhythmus bereits so weit in den Hintergrund getreten, das er nurmehr eine dunkle Unterströmung ist, auf der die stockschwarzen Electronics umso öliger wabern können. Damit ist das Stück früher Mittel- und Höhepunkt der Platte, da stimmt einfach alles – man fühlt sich wie im „heart of darkness“, an einem morastigen Weiher mit zirpenden Vampirfröschen. „Low Rhythm“ macht Anleihen bei der musique concrète und schwelgt in lustvollem Schnarren und Scheppern. Und hört man nicht auf „Talwerk“ einen spechtmäßig hochschnalzenden Fahrradständer? Auf einem Track (welcher, wird nicht verraten!) ist als Verstärkung sogar Niklas Addo Nettey mit von der Partie, der bereits bei Fela Kuti 70 mitspielte.

Das abschließende „Spiegelmotiv“ könnten übrigens risikofreudige DJs mal im Club auflegen – vorzugsweise um vier Uhr morgens, wenn die Touristen bereits weitergezogen sind.

Tina Manske

Schneider Kacirek: Shadows Documents. Bureau B (Indigo).

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