Mottishow
Colin Meloy hat sich mit diesem Album seine Besessenheit den englischen Folk betreffend von der Seele geschrieben. Von Tina Mankse
Die Ära des Konzeptalbums schien schon ein paar Monate vorbei und abgeheftet, da kommt die wunderbare Band The Decemberists plötzlich mit „The Hazards Of Love“ um die Ecke, einer Platte, die man getrost als Rockoper bezeichnen könnte, wenn der Begriff Oper in gewissen Kreisen nicht einen so schlechten Ruf hätte. Sagen wir also Rockhörspiel. Oder Hardrockhörspiel. Oder Folkhörspiel. Alles wäre richtig, denn der Band um Sänger Colin Meloy gelingt mühelos eine Steigerung zum Eklektizismus ihres letzten Albums „The Crane Wife“, das auch bereits eine vollendete Geschichte in mehreren Kapiteln erzählte. „The Hazards Of Love“ nun hat alles, was man sich von einem opus magnum wünschen kann: Motti werden eingeführt, kommen zur Ruhe, werden wiederaufgenommen, verändern sich, Zwischenspiele bilden Brücken, ein sich steigernder Aufbau bis hin zum tränenreichen Ende hält den Hörer gebannt bei der Stange. Dabei helfen natürlich auch die wunderschönen Folkmelodien. Meloy selbst sagt, er habe sich mit diesem Album endlich seine Besessenheit den englischen Folk betreffend von der Seele geschrieben. Man höre sich nur „Isn’t It A Lovely Night“ an, und man versteht.
Als Gastsänger sind Becky Stark von Lavender Diamond, Shara Worden von My Brightest Diamond und Jim James von My Morning Jacket dabei. Insbesondere Shara sorgt mit ihrem Auftritt im grandiosen „The Wanting Comes In Waves/Repaid“ für einen der vielen Höhepunkte des Albums. Wie hier aus dem lieblichen Folk plötzlich die Metalbreitseite herausschlägt, ist bei jedem Hören von neuem beeindruckend. Aber schließlich geht es bei „The Hazards Of Love“ auch um düstere Themen, um eine schwierige Partnerwahl, um Kindsmord, alles ist dunkel und geheimnisvoll, da kommt eine dröhnende E-Gitarre in Form einer Faust gerade richtig. Spinett, Orgel, Akkordeon und Steelguitar sind auch zur richtigen Zeit am richtigen Ort, mal ganz abgesehen von den für diese Band schon typischen großen Progrock-Gesten.
Tina Manske