Knackig-zackig unkonventionelle Mixtur
– Meine erste und unauslöschliche Erinnerung an The Honeymoon Killers: Ein Foto im Musikexpress anno 1982, die Band live on stage, Sängerin Véronique Vincent trägt ein Bikini-Oberteil über ihrem Pullover – sagenhaft. Ich war Fan, ohne bis dahin einen einzigen Ton der belgischen Band gehört zu haben.
Das Hörerlebnis trat etwas später ein und verstärkte meine Begeisterung immens: Eine knackig-zackige, unkonventionelle, rasante Mixtur aus französischem Chanson, Elektropop, Postpunk, No Wave und Rock’n‘Roll mit diversen Einsprengseln von Jodeln bis Jazz, irgendwo zwischen Jaques Brel und Delta 5. Mit „Route Nationale 7“ gelingt The Honeymoon Killers ein kleiner Hit, der dann und wann sogar im Radio lief, und in Frankreich werden The Honeymoon Killers zu echten, richtigen Stars, die auch in Samstagabend-TV-Shows auftraten. Hierzulande blieben sie ein „Geheimtipp“, wie man damals zu sagen pflegte, wenn auch ein von der Musikpresse haushoch bejubelter.
Das Sextett (!), bestehend aus Yvon Vromman (Vocals, Gitarre, Saxofon), Gerald Fenerberg (Gitarre), Jean-Francois Jones Jacob III (Schlagzeug, Xylophon), Marc Hollander (Keyboards, Saxofon), Vincent Kenis (Bass, Gitarre) und eben Véronique Vincent war der Zusammenschluss aus zwei Brüsseler Bands: Les Tueurs de la Lune de Miel und Aksak Maboul – Vincent kam als Letzte hinzu, als Tüpfelchen auf dem i sozusagen. The Honeymoon Killers waren einerseits eine typische Achtziger-Truppe, die verschiedenste Musikstile mixte, zwischen Avantgarde und Pop changierte, andererseits zu schlau und extravagant für den großen Durchbruch – außer in Frankreich, wie bereits erwähnt, aber dort tickt die Pop-Uhr ja ohnehin anders als anderswo.
Der zickig-erotisch angehauchte gesangliche Schlagabtausch zwischen Yvon Vromman und Véronique Vincent kam besonders bei Liveauftritten eindrucksvoll ‚rüber – neben dem schönen Ex-Model Vincent lebte Vromman seine exaltierte Ader voll aus, guckt euch mal alte Videos an, gibt’s zum Glück bei youtube. Im vergangenen Jahr wurde Aufnahmen von Aksak Maboul mit Véronique Vincent wiederveröffentlicht, jetzt auch das tolle Album „Les tueurs de la lune de miel“ der Honeymoon Killers – als todschickes Vinyl mit Fotos und Songtexten in der Innenhülle plus acht Bonus-/Livetracks inklusive der lang verschollenen EP „Subtitled Remix“. Für Connaisseure!
Christina Mohr
The Honeymoon Killers: Les tueurs de la lune de miel (Re-Release Vinyl, mit acht Bonustracks). Zur Facebookseite.