Geschrieben am 12. Juni 2013 von für Musikmag

The National: Trouble Will Find Me

PrintVerkopfter Pop

– Das sechste Album der in New York ansässigen Band The National glänzt bereits im Titel einmal mehr mit einem typischen Statement, das so in den T-Shirt-Großdruck gehen kann, ohne das Album zu hören: „Trouble Will Find Me“. Theoretisch könnte man mit The National-Zitaten auch einen gesamte Abendkonversation über Liebeskummer, Melancholie und die Welt an sich füllen.

Das kommt nicht von ungefähr. In erster Linie ist die Musik von The National natürlich großartiger Indie-Pop mit Pathos, unvergesslichen Melodien und allen Schikanen. Das Kratzen an der Oberfläche offenbart jedoch die enge Verbundenheit mit moderner Kunst und Referenzen zur Popgeschichte, die das Oeuvre der Band in einen weit über Popmusik hinausgehenden Kontext stellen.

So performten The National am 5. Mai 2013 den Song „Sorrow“ – DIE Hymne an das Leiden vom 2010er-Album „High Violet“ – sechs Stunden in Endlosschleife im Metropolitan Museum of Modern Art in New York. Die Aktion des isländischen Künstlers Ragnar Kjartansson mit dem Titel „A Lot of Sorrow“ wollte das Wesen der Zeit am Beispiel von Wiederholungen erkunden.

Wiederholung, Zeit, Langeweile, Elend und Melancholie – Themen, mit der sich der abendländische Kulturkanon seit dem 19. Jahrhundert auseinandersetzt. Am Ende wird immer jemand wahnsinnig, stirbt oder beides. Selbstredend, dass auch The National auf „Trouble Will Find Me“ über das Sterben singen („Graceless“) und über die Einsamkeit des modernen Lebens sowieso (alle Tracks). Es geht hier jedoch nicht um die Einsamkeit des leidenden Folksängers, sondern um das menschliche Miteinander unserer Zeit.

Der Bogen spannt sich dann auch im Booklet zu „Trouble Will Find Me“ zurück zur Kunst und somit zur Beschreibung einer Phänomenologie des Leidens an der Welt (Schopenhauer und Nietzsche hätten The National gehört.). Jedem Track wird ein Kunstwerk gegenübergestellt. Ganz nebenbei also auch mal wieder ein Album, bei dem sich der Kauf hinsichtlich des Artworks lohnt. Dieses Booklet kann nun nach Belieben auf Referenzen zur Musikgeschichte durchforstet werden – am besten bei „Don’t Swallow The Cap“ anfangen (Beatles und Nirvana).

„Trouble Will Find Me“ ist ein vielschichtiges Album, das mit jedem Hören wächst. Doch fehlt die Briese Wahnsinn von „Mr. November“, das überbordende von „Vanderlyle Crybaby Geeks“ oder auch die großen, anschwellenden Pophymnen, die schon beim ersten Durchlauf im Hirn hängenbleiben. Dieses Album setzt eher den Grundstein zum großen, verkopften Pop à la Brian Eno oder David Byrne.

Janine Andert

The National: Trouble Will Find Me. 4ad/Beggars Group (Indigo). Zur Homepage der Band, die Band auf Facebook.

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