Geschrieben am 16. Februar 2011 von für Musikmag

White Lies: Ritual

White Lies: RitualDem eigenen Sound treu geblieben

Die White Lies wiederholen sich und entwickeln sich ein bisschen weiter, findet Jörg von Bilavsky.

Schon der Titel „Rituale“ sollte hellhörig machen. Man könnte ja denken, auf ihrem zweiten Album wiederholten die gefeierten Newcomer des letzten Jahres nach bewährtem Muster ihre düster-melodischen Hits à la „To Lose My Life“. Sicher sind sie ihrem leicht rauen Elektro-Rock treu geblieben und walzen in der hymnisch auftrumpfenden Singleauskoppelung „Bigger Than Us“ die bekannt melodramatischen Momente ihrer Songs kräftig aus – zweifellos ein Lied mit Hitpotenzial. Auch wenn die Band beteuert, nicht hektisch nach „todsicheren Hits“ zu suchen, so geistern diese Gedanken doch stets in ihren Hinterköpfen. Eigentlich wollen sie sich musikalisch nicht selbst kopieren, sondern von den „unterschiedlichsten Ritualen“ des Lebens singen, doch ihr voluminöser Klangteppich überdeckt bisweilen die etwas kryptischen und andeutungsschwangeren Textzeilen. Nun gut! Hören wir deshalb etwas genauer hin.

In besonders angepriesenen Songs wie dem mit süßlichem Chorus aufgepeppten „Peace & Quiet“ oder dem mit schrubbendem Gitarre-Intro versehenen „Holy Ghost“ bleiben sie – trotz verspielter Einschübe – ihrem pathetischen Sound treu. Auch das mit „Techno-Einschlag“ arg effektheischende und im Refrain gefällige „The Power & The Glory“ entfacht nur in wahren „White Lies“-Fans die Lebenslichter. Gleichwohl finden sich auf dem in nur fünf Wochen entstandenen Album mit „Strangers“, „Streetlights“ oder „Bad Love“ angenehm runtergedimmte Elektro-Pop-Hymnen, in denen sich Harry McVeighs – ohnehin nicht sonderlich facettenreiche – Stimme nicht ganz so aufplustert.

Allein im Industrial-Song „Turn The Bells“ oder dem elegischen „Come Down“ wagen sich die drei Bandmitglieder mal aus der Deckung, wenngleich wirklich gewagte Experimente nicht ihre Sache zu sein scheinen. Der finanzielle Erfolg mag zwar die Plattensammlungen des Londoner Trios „um den Faktor 20“ anwachsen lassen, doch machen sich in ihrer Musik die Einflüsse anderer Bands nur punktuell bemerkbar. Immer noch schwebt der Geist von Tears for Fears über ihnen, oder der von den Talking Heads scheint hier und dort gelegentlich durch.

Letztlich sind die White Lies ihrem eigenen Sound wohl treuer geblieben, als sie es ursprünglich vorhatten. Wenn sie nach eigener Aussage nun „wirklich alles gegeben“ haben und „dafür auch vollkommen unkonventionelle Wege gegangen“ sind, dann dürfen wir beim nächsten Album mit einer Steigerung wohl nicht mehr rechnen. Aber vielleicht gehören solche gestanzten Sätze auch nur zum Fundus altbekannter PR-Rituale und es kommt alles anders, als man denkt.

Jörg von Bilavsky

White Lies: Ritual. Polydor (Universal).
Die Homepage der Band. White Lies auf Myspace und bei Facebook.

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