Geschrieben am 12. Oktober 2013 von für Bücher, Crimemag

Alison Croggon: Land des Todes

Croggon_Land_des_Todes.inddHeathcliff reloaded

– Kann man einen der bekanntesten viktorianischen Klassiker in ein Fantasykleid packen und damit auch noch durchkommen? Anne Schüßler findet, man kann.

Ein Mann tritt eine Reise in den Norden des Landes an. “Land des Todes” nennt man es auch, karg und düster kommt es daher, das Land schroff, die Einwohner ebenso. Hier glaubt man noch an Magie und an die Vendetta, die Blutrache, die in den Dörfern nach festen Regeln ein Opfer nach dem anderen verlangt.

Diesen Mann, Mr. Hammel, zieht es in den einsamen und wenig gastfreundlichen Norden, um in Ruhe arbeiten zu können. Tatsächlich kommt es aber selbstverständlich anders, denn als er an einem Abend loszieht, um seinen Vermieter kennenzulernen und widriger Umstände zum Dank gezwungen ist, die Nacht in dessen Haus zu verbringen und ihn dann zu allem Überfluss noch der Geist einer Frau von einem erholsamen Schlaf abhält, wird klar, dass die Geschichten, die sich um das “Land des Todes” ranken, wohl doch nicht so ganz weit hergeholt sind.

So erzählt ihm in den folgenden Tagen die Haushälterin Anna die Geschichte von der adligen Hexe Lina, deren Vater von einer Reise den Jungen Damek als Ziehkind mitbringt. Lina und Damek verbindet bald eine tiefe und innige Freundschaft, doch es kommt, wie es kommen muss, das Schicksal wirft sich dazwischen und vertreibt Damek. Jahre später kommt er zurück, wohlhabend, verbittert und mit einem einzigen Ziel: Lina für sich allein zu haben, koste es, was es wolle. Und so wird eine Kette von Ereignissen in Gang gesetzt, die nichts als verbrannte Erde zurücklassen sollen.

Wem diese Geschichte bekannt vorkommt, jedoch sicher ist, Alison Croggons “Land des Todes” nicht gelesen zu haben, der muss sich nicht wundern. Croggons Geschichte ist eine neue Interpretation, beinahe eine Nacherzählung von Emily Brontës “Sturmhöhe”. Aus Catherine wurde Lina, Heathcliff heißt hier Damek, die Parallelen sind unverkennbar, was aber auch daran liegt, dass gar nicht versucht wird, sie zu verstecken.

Während die Charaktere in der Originalversion mit den Widrigkeiten von Hierarchie- und Standesdenken, Tuberkulose und der Erbfolgeregelungen des viktorianischen Englands zu kämpfen haben (und bei diesen Kämpfen immer wieder verlieren), so sind es hier die Willkür eines Königs, die Macht der Magie und die sinnlose Tradition der Blutrache, die das Glück von Lina und Damek erfolgreich verhindern und beide langsam, aber sicher zu immer verzweifelteren Taten treiben.

Croggons Version hält sich mit den Fantasyelementen angenehm zurück, sie bilden vielmehr einen Rahmen, in dem die Geschichte gleichsam glaubwürdig und nachvollziehbar, aber trotzdem modern erzählt werden kann. Wie auch bei Brontë stehen die Figuren und ihre zerrissene Gefühlswelt im Vordergrund. Es bleibt die Frage nach dem Glück und wie viel man bereit ist, dafür zu opfern.

Es ist ein interessantes Experiment, an das sich die australische Autorin, Dichterin und Librettistin Alison Croggon mit “Land des Todes” gewagt hat, aber dafür ein umso erfolgreicheres. Wer es bis zur Lektüre ihres Buches noch nicht getan hat, der wird spätestens danach das dringende Bedürfnis verspüren, auch die Vorlage zu lesen, allein, um herauszufinden, wie unterschiedlich ein und dieselbe Geschichte erzählt werden kann ohne dabei ihr Herz zu verlieren.

Anne Schüßler

Alison Croggon: Land des Todes (Black Spring, 2012), Roman. Deutsch von Michael Krug. Köln: Bastei Lübbe 2012, 288 Seiten, 12,99 Euro. Verlagsinformationen zur Autorin und zum Buch. Zum Blog von Anne Schüßler.

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