Geschrieben am 29. Juni 2013 von für Bücher, Crimemag

Arne Dahl: Bußestunde

Arne_Dahl_BußestundeFast das Ende

– Mit „Bußestunde“ ist, sechs Jahre nach dem Original, der zehnte und fast letzte Band von Arne Dahls Reihe um eine Gruppe schwedischer Elitepolizisten erschienen. Eine Besprechung von Frank Rumpel.

Zehn Bände in zehn Jahren – Arne Dahl hatte sich da eine sportliche Marke gesetzt, die sich freilich an Maj Sjöwall und Per Wahlöö orientierte, jenen Autoren, die bis heute meist herhalten müssen, wenn es um schwedische Kriminalromane geht – bei zehnbändigen sowieso. Die beiden veröffentlichten zwischen 1965 und 1975 ihren zehnteiligen „Roman über ein Verbrechen“, in dem sie scharfe Gesellschaftskritik übten.

Auch Dahls Bücher sind aktuell, greifen Themen wie Menschenhandel oder Terrorismus auf, aber erzählen freilich nicht nur von Polizeiarbeit, sondern vor allem von der schwedischen Gesellschaft. „Ich versuche, sehr aktuelle Kriminalromane zu schreiben, tief verankert in der Gegenwart. Ich versuche ganz einfach, am Ball zu bleiben“, sagte der 1963 geborene Arne Dahl, der im richtigen Leben Jan Arnald heißt, in einem Interview.

Es sind die besonders kniffligen Fälle, um die sich Dahls sogenannte A-Gruppe kümmert, die ihr tristes Kabuff im Keller des Polizeipräsidiums großzügig „Kampfleitzentrale“ nennt – „einer der Räume, die die Reichspolizeibehörde tunlichst nicht vorzeigte, wenn ausländische Besucher herumgeführt wurden“.

Seine Geschichte beginnt er mit einer eleganten Vorstellungsrunde: Auf einem virtuellen Flug über Stockholm zoomt er sich an seine übers Stadtgebiet verteilte A-Gruppe heran. Eine Polizistin stolpert in diesem Moment in einen Videoladen, der gerade überfallen wurde. Als eine der Kundinnen am nächsten Tag nicht zur Zeugenbefragung erscheint, geht die Polizei der Sache nach und kommt einem Mörder auf die Spur, der seine magersüchtigen Opfer, darunter die verschwundene Zeugin, übers Internet mit einem scheinbar neuen Medikament zur Fettverbrennung anlockte. Und sie ist nicht die Einzige, die verschwunden ist. Einige im Stadtgebiet gefundene Tote gehen wohl aufs Konto desselben Täters.

© Sara Arnald

© Sara Arnald

Intelligenter Polizei-Thriller

Während Dahl, dessen Geschichten gerade auch fürs Fernsehen verfilmt werden, minutiös die verschlungenen Ermittlungen schildert, erzählt er in einem zweiten Strang von Paul Hjelm. Hjelm gehörte einmal zur A-Gruppe, bevor er zur Abteilung für interne Ermittlungen wechselte. Nun soll er einen verschwundenen Geheimdienstler aufspüren. Der jagte einen Mann, der seine Finger international in vielen illegalen Geschäften hat und zudem einige Mitglieder der A-Gruppe im Visier zu haben scheint.

Gewohnt verschachtelt legt Dahl seine Geschichte an und flicht immer wieder Bezüge zu früheren Fällen mit ein. Dabei gibt er auch seinen Protagonisten, von denen jeder in einem anderen Band im Vordergrund stand, ganz unaufdringlich Tiefe. „Bußestunde“ ist ein intelligent gemachter Polizei-Thriller, verfrickelt, temporeich, spannend und in einem etwas leichteren Ton erzählt als viele Bücher zuvor.

Freilich muss, wer Dahl liest, das Kleinteilige, das Langwierige mögen und auch das glatt Inszenierte. Denn er verknüpft gern scheinbar weit Auseinanderliegendes und auch weit Hergeholtes miteinander. Das ging schon gelegentlich schief, weil er eine Geschichte allzu ambitioniert anging. In „Bußestunde“ aber gelingt ihm das sehr gut. Es ist ein vielschichtiger und komplexer Roman, in dem Dahl eine Menge Themen anreißt und seinen großen Figurenpark bestens im Griff hat – ein gelungener Abschluss für seine Serie.

Am Ende wird das A-Team zwar aufgelöst, aber trennen konnte sich Dahl von seinen Charakteren nicht. Deshalb schrieb er, wie er sagte, „fast in Panik ein elftes von zehn Büchern“ („Elva“, 2008), das allerdings formal völlig aus dem Rahmen fällt und noch nicht übersetzt ist. Selbst als er nach einer längeren Pause seine neue, hierzulande gerade parallel erscheinende, vierbändige Serie um eine Art europäisches FBI zu schreiben begann, passten die alten Figuren, so gut, dass sie jetzt eben für Dahls Europol arbeiten.

Frank Rumpel

Arne Dahl: Bußestunde (Himmelsöga, 2007). Deutsch von Wolfgang Butt. München: Piper-Verlag 2013. 462 Seiten. 19,99 Euro. Verlagsinformation zum Buch. Informationen zum Autor.

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