Geschrieben am 22. September 2012 von für Bücher, Crimemag

Carlos

Irgendjemand muss es ja tun, die Sittlichkeit in diesem Lande regulieren. Wer, wenn nicht Carlos?

Voilà …


Gesetzentwurf zur Neuregelung der Sexualität wegen immenser Peinlichkeit ihrer öffentlichen Praktizierung, Besprechung und Wahrnehmung.

 

Präambel:

Die Sexualität ist dem Menschen mitgegeben, sie ist in der Regel angenehm und dient der Arterhaltung. Alles dieses gilt aber auch für den Stuhlgang, diesen wir diskret verrichten. Es gilt, die Öffentlichkeit der beiden Verrichtungen wieder einander anzugleichen und nicht zu Lasten der Darmtätigkeit!

 

  • § 1: Es ist selbstverständlich nicht zu unterbinden, dass pornografische Filme gedreht werden, es ist freilich sehr wohl möglich, der grassierenden hobbyhaften Herstellung solcher Werke strenge Strafen aufzuerlegen. Machwerke der Art: „Ich und meine geile Babsi Doggystyle“ – „Studentenfete auf dem Damenklo“ – „Meine bulgarische Sekretärin“ sind nicht mehr zulässig.
  • § 2: Sogenannte „Pornostars“ werden nicht mehr zu intellektuellen Gesprächsrunden zur Prime Time geladen, wo sie ohnehin nicht gerade die wichtigsten Beiträge leisten, sondern medial gemieden. Das Führen von Künstlernamen wie „Il Stiletto“ oder „Ashly Blow“ ist untersagt.
  • § 3: Überhaupt ist das Thema medial einzudämmen – das wird mühelos erreicht, indem man nie mehr mit der brunzdummen Witwe Thurn und Taxis über „Schnackseln“ oder sonstwas redet, die greise Frau Berger gnadenbrötlerisch in die Alpen verschafft und den auch leicht überzenithigen Rosa von Praunheim irgendwie sediert. Lilo Wanders wäre eine prima Botschafterin im Vatikanstaat und damit auch gleich weg.
  • § 4: Swingerclubs sind ihrer kleinbürgerlichen Schwitzigkeit, ihrer bemitleidenswerten Innenarchitektur, ihrer hilflosen Verschleierung dessen, dass es wirklich nur ums gegenseitige Behämmern geht, öffentlich zu überführen und als Playmobilensemble der kompletten Lächerlichkeit auszusetzen.
  • § 5: Auch das Privatfernsehen verzichtet auf stundenlange Qualitätstests von Bordellen.
  • § 6 Private Bondageschulungen im Gelsenkirchener Barockreihenhauswohnzimmer sind unter keinen Umständen medial verwertbar.
  • § 7: Menschen, die im Verhauen anderer, resp. im Verhauen- und z. B. Gezwicktwerden, die allerbittersüßeste Lust empfinden, mögen dies tun. Hieraus gespeiste Angeberei, gar pseudeokünstlerische Selbstaufwertung haben aber zu unterbleiben.
  • § 8: Die zunehmend als Bildungsbürgerpuffersatz sich etablierenden Tantrastudios sind als eben dieser zu entlarven.
  • § 9: Die ehedem Funktionskleidung herstellende Unterwäscheindustrie wird zur Zurückhaltung in allen Bereichen angehalten und hierbei beobachtet.
  • § 10: Es ist Männern über 60 ab einem gewissen Bekanntheitsgrad bzw. Einkommen jeglicher Knospenfrevel bei Zahlung einer Geldbuße untersagt. Die Anschaffung von Cabriolets männlicherseits im siebten Lebensjahrzehnt hat zu unterbleiben.
  • § 11: Private Sexualprahlereien, sei es die stundenlange Dauer des ja nicht eben originellen Bewegungsablaufs, sei es das Meisterstück, ein Gottesgeschenk nach dem anderen flachzulegen, führen zu gesellschaftlicher Ächtung. Man stelle sie sich in Bezug auf den obig genannten Stuhlgang vor und findet so von ganz alleine zur sozialen Demarkationslinie.
  • § 12: Da mit zahlreichen Verstößen gegen dieses Gesetz zu rechnen ist, werden Bußgelder an eine zentrale Sammelstelle gezahlt, die mit diesen nach Gutdünken umgeht.

BBBank – Karlsruhe
BLZ: 66090800
KN: 4233565

Kontoinhaber: Schäfer
Betreff: Honorar für gelungene Lesung

Carlo Schäfer

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