Geschrieben am 20. Februar 2010 von für Bücher, Crimemag

Edith Kneifl: Schön tot

Nur ein Sammelsurium

Das Regional-Krimi-Gedöns treibt oft seltsame Blüten. Joachim Feldmann hat den Glauben an das Gute noch nicht aufgegeben und streift unerschrocken durch seltsame literarische Gegenden. Heute durch Wien …

Das neue Buch der österreichischen Autorin und Psychoanalytikerin Edith Kneifl hat viel zu bieten. Hobbyköche finden im Anhang Rezepte, zum Beispiel für Wiener Zwiebelrostbraten: „Das Fleisch am Teller anrichten, Saft übergießen und die knusprigen Zwiebelringe darüber geben. Den Rostbraten mit Braterdäpfeln und Fächergurke servieren.“

Touristisch Interessierte können sich an gepflegter Prosa wie aus dem Reiseprospekt erfreuen: „Das markante Gewölbe des Schlossgebäudes aus dem 14. Jahrhundert kam in dem neuen Design wundervoll zur Geltung. Die Gäste saßen in ferrariroten Lederfauteuils. Holzdielen und farbige Stoffdraperien vermittelten fast Wohnzimmeratmosphäre.“

Auch wer es gern erotisch hat, kommt auf seine Kosten: „Die Ungeduld meiner Haut, meiner Brüste, meiner Scham wurde von gewaltigen Hitzewellen begleitet. Mein ganzer Körper begann zu zittern, bis ich schließlich nur mehr reine Lust, nichts als Lust empfand.“

Diese drei Beispiele sollten genügen, obwohl noch eine ganze Reihe weiterer interessanter Themen abgehandelt werden, von der Psychoanalyse bis zur neueren Geschichte der Wiener Gastronomie. („Stephan Gergely und ich haben Anfang der neunziger Jahre das ‚Ethno-Food’ im Wiener Beisl eingeführt.“)Putzig

Schade nur, dass dieses putzige, vom Verlag als „Wien-Krimi“ annoncierte Sammelsurium von Anekdoten, Reklame und Kitsch als Kriminalroman überhaupt nicht funktioniert. Das Elend beginnt mit der Heldin des Buches, einer studierten Kellnerin Ende dreißig, die von ihrer Erfinderin nicht nur mit einem ausgesprochen originellen Namen, sondern auch mit einer bemerkenswerten Biografie, auf deren Nacherzählung ich hier verzichten möchte, ausgestattet wurde. Die Dame ist eine selbstverliebte Plaudertasche, deren Mitteilungsbedürfnis so umfassend ist, dass der öde Plot um einen mutmaßlichen Serienmörder, der im Wiener Viertel Margareten junge Frauen abschlachtet, darüber gelegentlich ins Vergessen gerät. Und das ist angesichts eines an sich erfreulich knappen Buchumfangs von ungefähr 160 Seiten schon eine Leistung.

Die Lektüre aber auch. Zum Beweis ein letztes, durchaus repräsentatives Zitat von Seite 104. „Abends war das Café Cuadro ein Treffpunkt für Künstler, Freiberufler und Schwule. In der Früh war unser Publikum gemischter. Unser Bio-Frühstück mit all den gesunden Säftchen war vor allem bei Müttern mit Kleinkindern beliebt.“ Wer solche Informationen schätzt, sollte das Buch unbedingt erwerben.

Joachim Feldmann

Edith Kneifl: Schön tot. Ein Wien-Krimi. Roman.
Innsbruck-Wien: Haymon Verlag 2009. 175 Seiten. 17,90 Euro.

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