Geschrieben am 21. März 2015 von für Bücher, Crimemag

Eva Karnofsky: Opferfläche

Eva Karnofsky_OpferflächeFracking!

Eva Karnofsky hat aus einem Thema einen Roman gemacht: „Opferfläche“. Interessant, findet Anne Kuhlmeyer.

Eine Opferfläche schaffen, ist ein treffender Begriff für ein zynisches Vorgehen: Von einem schützenswerten Territorium wird ein Teil bewusst geopfert, will heißen – der ökologischen Zerstörung hingegeben, verdreckt, verseucht, verwüstet, um den Rest zu „retten“. Wüssten die Menschen, was Fracking für die Landschaft, für den Rhein, ihre Heimat bedeutet, würden sie es sicher nicht zulassen, davon ist der Bürgermeister der kleinen niederrheinischen Stadt Wesel überzeugt. Für die Information der Öffentlichkeit über die Verschmutzung ihres Trinkwassers, über die Gefahr von Erdbeben, über die Vernichtung ganzer Landstriche durch hochtoxische Chemikalien tritt er ein. Und bezahlt mit seinem Leben. Eine Handgranate zerreißt ihn in seinem Haus.

„Fidel Castro“ von Photo: Antonio Milena - ABrEditing: Lucas (crop, blur, retouch, color, modify) - This image. Lizenziert unter CC BY 3.0 br über Wikimedia Commons - http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Fidel_Castro.jpg#/media/File:Fidel_Castro.jpg

Fidel Castro (Antonio Milena/ABrEditing: Lucas. Lizenziert unter CC BY 3.0 br über Wikimedia Commons)

Hacken für Fidel

Der Ableger eines US-amerikanischen Konzerns, Drillex, will am Niederrhein Fuß fassen und die umstrittene Gasbohrmethode einsetzen. Mit Bestechung und Mord geht die Firma gegen Lokalpolitiker und Bürgerinitiativen vor. Als die ehemalige Südamerikakorrespondentin Karola Krauss, die nach Jahren wieder in ihrer Heimatregion journalistisch tätig ist, beginnt, über den Mord am Bürgermeister zu recherchieren, geraten sie und ihre Mitstreiter in Gefahr. Persönlich muss sie sich über ihre Loyalität und ihre Ziele klar werden, während ihr Chefredakteur einen Rückzieher macht.

Und sie muss ihren Zorn kanalisieren, als ihr Noch-Ehemann, der sie verlassen hat, nach Deutschland zurückkehrt und ihr gesteht, dass er dem kubanischen Geheimdienst dient. Für la revolucíon und Fidel hackt er die Computer der Drillex, damit sein Land keine Einbußen durch sinkende Rohölpreise erleide, denn die Regierung plant die Erschließung von Ressourcen und den Export von Erdöl. Das billige gefrackte Gas würde die Hoffnung Kubas auf Exporterlöse zunichtemachen. Also liefert er Karola Informationen über die tatsächliche Umweltgefährdung, über zu erwartende Katastrophen, die sogar von den Betreibern selbst in Erwägung gezogen werden, zur Veröffentlichung. Doch so einfach ist dem weltweit operierenden Konzern nicht beizukommen, falls Karolas Artikel überhaupt gedruckt wird, denn selbst die „Guten“ haben eine Familie zu versorgen und beugen das Haupt, wenn Arbeitslosigkeit oder Tod drohen …

Schema einer Fracking-Bohrstelle (Bildquelle: thepilot.com)

Schema einer Fracking-Bohrstelle
(Bildquelle: thepilot.com)

Gier

„Opferfläche“ ist vielleicht zuerst eine wichtige journalistische Arbeit. Genaue Recherche und detaillierte Kenntnis der Risiken von Fracking im Konkreten zeichnen den Roman aus. Das ist der wirklich spannende Teil des Buches. Um Interesse am Schicksal der Figuren aufzubringen, braucht man einige Seiten. Die Dialoge wirken ein wenig steif, das niederrheinische Umfeld bekannt. Hübsch dagegen die Darstellung kubanischer Lebensart. Aus dem Text lässt sich lesen, wo die Vorliebe der Autorin, die selbst viele Jahre als Journalistin in Lateinamerika gearbeitet hat, liegt.

Was den Roman zu einem lesenswerten Werk macht, ist die Eindringlichkeit der Aufklärung über eine höchst fragwürdige Methode der Ressourcenausbeutung, über das Wesen kapitalistischer Gier und über die Verstrickung des Einzelnen darin, selbst am harmlosen Niederrhein.

Anne Kuhlmeyer

Eva Karnofsky: Opferfläche. Kriminalroman. Düsseldorf: Droste Verlag 2014. 256 Seiten. 10 Euro. Verlagsinformationen zum Buch.
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