Geschrieben am 14. November 2012 von für Bücher, Litmag

Fabien Baron (Hrsg): Das Kate Moss Buch

Kate ist klasse

– Wer braucht einen 3 Kilo schweren, 78 Euro teuren, in der ersten Auflage gleich mit acht verschiedenen Covern gelieferten tea table-Klotz, der nur eines zeigt: eine meist nackte Frau?

Photo: © Jürgen Teller / Courtesy Schirmer/Mosel

Kate-Moss-Fans natürlich, die schon immer vom Anti-Image des britischen Models fasziniert waren. Undiszipliniert, rauchend, saufend und alle möglichen und unmöglichen Substanzen einpfeifend, alles andere als eine trophy women, mal Lolita, mal heroine chick, mal Luxusschlampe, aber nie Oberschichts-Tusse.

Der neue Prachtband resümiert über 20 Jahre Model-Business und versammelt so ziemlich alle Fotografen, mit denen Kate Moss zusammengearbeitet hat. Außerdem gibt es ein paar Gemälde zu sehen – darunter die berühmten Porträts von Lucian Freud und Christine Wu, nebst Damien Hirsts „TAR“.

Blättert man durch die knapp 450 Seiten, fällt auf, wie oft Kate Moss lacht, wie ironisch gerade die extrem stilisierten Fotos rüberkommen und wie uncharismatisch, gar verwechselbar sie wird, wenn das Styling allzu viel tut, die Bildidee allzu artifiziell wird (wie z. B. die Marylin-Monroe-Hommage mit Seil von Mario Sorrenti, 1997).

Photo: © Hedi Slimane, 02 08, East London / Courtesy Schirmer/Mosel

Was natürlich nicht heißt, dass wir irgendwo eine echte, authentische, nicht-inszenierte Kate Moss sehen – Authentizität hat in diesem Business und vor allem in diesen Bildwelten nichts zu suchen. Deswegen ist die Frage, wer Kate Moss wirklich ist, ziemlich sinnlos, wenn man sie anhand der Fotos und Inszenierungen stellt oder meint, die Antwort aus den Bildern herausdestillieren zu können.

Wir sehen, was Moss (oder das System, in dem sie arbeitet) uns sehen lassen will und was nicht. Und wenn man mit den Parametern „undiszipliniert“, „nasty“, „unpassend“, „querliegend“, „skandalträchtig“, „cool“, „selbstbewusst“, „promisk“ Distinktionsgewinne machen kann gegen alles, was „aufgeräumt“, „ordentlich“, „angemessen“ und „angepasst“ daherkommt, dann muss man auch das nicht für authentisch halten, aber sympathisch ist es allemal. Kate Moss ist klasse!

Photo: © Camilla Akrans / Courtesy Schirmer/Mosel

Thomas Wörtche

Fabien Baron mit Jess Hallett und Jefferson Hack (Hrsg): Das Kate Moss Buch. Mit einem Gespräch mit Jess Hallett (Kate Moss, 2012) Bildband. Deutsch von Martina Tichy. München: Schirmer/Mosel 2012. 448 Seiten. 78,00 Euro. Verlagsinformationen zum Buch.

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