Sackpfeife und Bänkellied
– Was diese Bearbeitung des umfangreichen und wohlbekannten Stoffes so besonders macht, ist ihre Musikalität. Von Tina Manske
Das wird schwierig! Über den „Simplicissimus“ von Grimmelshausen ist wohl schon alles gesagt worden, was man über ihn sagen kann. Inklusive: bedeutendster deutschsprachiger Roman der Barockliteratur, Entwicklungsroman, christliches Erbauungsbuch, Narrenspiegel. Und auch über Hans Clarin muss man eigentlich kein Wort mehr verlieren: Spätestens seit seinem „Pumuckl“ kennt ihn jedes Kind, und bis zu seinem Tod vor drei Jahren war er einer der umtriebigsten Schauspieler dieses Landes. Hörspielfans schätzen ihn zudem als „Hui Buh, das Schlossgespenst“.
Es ist also bereits alles gesagt, die Fakten liegen auf dem Tisch – wie stellt man es nun an, dieses historische Hörspiel aus dem Jahr 1963 in jenen höchsten Tönen zu loben, die ihm zustehen? Gegeben wird darin wieder einmal die Geschichte des Simplex Simplicius Simplicissimus, der in den Wirren des 30-jährigen Krieges so manches Abenteuer erlebt. Doch wie wird sie erzählt? Man kann natürlich auf die Sprecher eingehen: Als die bekanntesten sind außer Hans Clarin da noch Rolf Schult (den man auch als Synchronsprecher von Robert Redford oder Anthony Hopkins kennt) und Rudolf Rhomberg zu nennen.
Was aber diese Bearbeitung des umfangreichen Stoffes so besonders macht, ist ihre Musikalität. Immer wieder werden bänkelliederhaft die Weisen des Simplicissimus auf der Gitarre gegeben, zwischendurch erschallen Flöten und Sackpfeifen. Statt pseudo-realistischer Geräuschkulisse vertraut man im Übrigen auf die Modulationskraft der Darsteller. Regisseur Ludwig Cremer hatte kurz nach dem 2. Weltkrieg schon Wolfgang Borcherts „Draußen vor der Tür“ inszeniert, einen Meilenstein der deutschen Hörspielkunst. Komponist Hans-Martin Majewski hingegen war unter anderem auch für die musikalische Leitung in Bernhard Wickis „Die Brücke“ verantwortlich. Die Zusammenarbeit von Majewski und Cremer, gekoppelt mit einem prächtig aufgelegten Hans Clarin, sorgt für äußerst unterhaltsame und sprachverliebte Stunden, in denen Wort und Musik eine schöne Liaison eingehen.
Tina Manske
Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch. Gesprochen von Hans Clarin u.a. 6 Audio-CDs. Laufzeit: ca. 420 Minuten.
Schall & Wahn 2008. Preis: 29,95 Euro. Reinhören: Random House Audio