Schweinetango? Schweinetango!
Joachim Feldmann hat die Gummistiefel angezogen und bereut es am Ende noch nicht einmal.
Auch wenn die Behauptung von Autor und Verlag, es handle sich bei Heinrich Thies’ Buch Schweinetango um einen Kriminalroman, nur bedingt zutrifft, möchte man als Rezensent ungern mehr als nötig über die Handlung verraten. Die Geschichte des 48-jährigen Schweinemästers Cord Kröger, der gemeinsam mit seiner Mutter einen durchaus nicht unprofitablen Hof bewirtschaftet, hat es nämlich in sich. Was zunächst nach einer grob gezeichneten Satire auf das Landleben aussieht, nimmt rasch eine Wendung ins Dramatische, um dann zielgenau einen existenziellen Tiefpunkt in Krögers Biografie anzusteuern. Der ehedem stolze Bauer verdingt sich auf dem Rummel, und zwar als Knochenmann in der Geisterbahn. Dahin gebracht hat ihn, wie es sich gehört, die Liebe zu einer Frau. Diese ist auch für das kriminalistische Element in dieser bemerkenswerten Erzählung vom Leben und Sterben in der niedersächsischen Provinz verantwortlich.
Die zweite Hauptfigur ist ein noch ärmerer Wicht als der Schweinemäster. Der 17-jährige Björn Bergmann ist vor seinem prügelnden Alkoholikervater auf Krögers Hof geflohen, wo er gegen Kost und Logis Hilfsarbeiten verrichtet. Nur wenn er sich in der Uniform des freiwilligen Feuerwehrmannes beim Einsatz beweisen kann, lebt der schüchterne Junge auf. Und seltsamerweise brennt es recht häufig in der Gegend. Ein „Feuerteufel“ geht um, sagen die Dorfbewohner. Und dann geht auch auf Krögers Hof eine Scheune in Flammen auf …
All das erinnert von Ferne an Ludwig Homanns großen Provinzroman Ada Pizonka, besitzt aber nicht dessen finstere Radikalität. Heinrich Thies konnte sich offenbar nicht dazu durchringen, seine Geschichte in der naheliegenden Katastrophe enden zu lassen. Stattdessen schließt der Roman auf einer versöhnlichen Note. Die zeitweilig aus den Fugen geratene ländliche Welt scheint, zumindest für den Augenblick, wieder halbwegs in Ordnung zu sein.
Überzeugend ist dieses Ende nicht. Und das spricht, so merkwürdig es klingen mag, durchaus für die Qualität dieses Romans.
Joachim Feldmann
Heinrich Thies: Schweinetango. Roman.
Springe: Zu Klampen 2008. 224 Seiten. 12,80 Euro.