Geschrieben am 19. Juni 2010 von für Bücher, Crimemag

Marko Kilpi: Erfrorene Rosen

Quereinsteiger unter sich

Ein etwas schwermütiger Kriminalroman ist das Debüt des Finnen Marko Kilpi, der eine durchaus raffinierte Geschichte liefert, die allerdings nicht so richtig zünden will. Frank Rumpel ist nicht so recht zufrieden …

Olli Repo, der Protagonist in Marko Kilpis Debütroman, arbeitete bestens bezahlt in der Werbung, bevor er beschloss, Polizist mit eher kleinem Gehalt zu werden. Über seine Beweggründe ist sich Repo nicht wirklich bewusst und die Suche danach ist Teil der Geschichte. Ein Praktikum führt ihn zurück in seine nicht näher benannte Heimatstadt, in die er, einer von Gewalt und Enttäuschung geprägten Kindheit und Jugend wegen, nie wieder zurückkehren wollte. Gleich an seinem ersten Arbeitstag hat er ordentlich zu tun, wird zu einem Leichenfundort gerufen und muss ein Kaufhaus wegen einer Bombendrohung evakuieren helfen. Sein Ausbilder ist der abgebrühte Tossavainen, in dem der übereifrige und immer noch an das Gute im Menschen glaubende Repo zunächst „das Endprodukt der polizeilichen Evolution“ zu erkennen meint.

Zu allem Überfluss trifft Repo in Kuopio seinen Vater wieder, mit dem er gebrochen hatte. Der Versicherungskaufmann macht ihn auf eine Reihe von kleineren Sachbeschädigungen aufmerksam, die seit Längerem in der Stadt vorkommen und glaubt darin das Muster einer terroristischen Aktion zu erkennen, da alle Delikte einen mehr oder weniger großen Schaden für die Öffentlichkeit bedeuteten. Die Bombendrohung im Kaufhaus war der bisherige Höhepunkt. Zu korrelieren scheinen die Aktionen mit Gerichtsurteilen für Kriminelle, die der Attentäter wohl als zu milde empfindet. Als kurz darauf in einer leeren Fabrik tatsächlich eine Bombe explodiert, scheint dies die These des Vaters zu bestätigen.

Die Macht des Zufalls

Der Finne Marko Kilpi liefert in seinem 2008 mit dem finnischen Krimipreis ausgezeichneten Debüt eine komplexe Geschichte, die im Kern von der Macht des Zufalls handelt, der gelegentlich ganz so zufällig dann doch wieder nicht ist. Je weiter der Protagonist in den Ermittlungen vorankommt, desto mehr muss er sich mit seiner eigenen, mit dem Fall eng verknüpften Vergangenheit auseinandersetzen, die mehr Geheimnisse birgt, als ihm lieb sein mag.

So vielschichtig der Plot angelegt ist, so sorgfältig Kilpi seine Figuren zeichnet, die allesamt einen vom Leben gebeugten Eindruck machen, es aber nicht unbedingt sind, so genau sein Blick auf die finnischen Gesellschafts- und Lebensverhältnisse ist, schafft es der Autor doch nicht ganz, seine Geschichte glaubhaft und packend genug in Szene zu setzen. Da mangelt es ihm gelegentlich an den erzählerischen Mitteln. Er schreibt im Präsens, in schlichten Sätzen, die manchmal aber etwas schwerfällig daherkommen. Deshalb wirkt die Geschichte hie und da konstruiert und langatmig, auch etwas schwermütig, wäre da nicht der immer wieder aufblitzende, knochentrockene Humor, den Kilpi treffsicher einzusetzen weiß.

Mal sehen, was von dem 41-jährigen, im zentralfinnischen Kuopio lebenden Autor noch kommt. Der Stoff sollte ihm nicht ausgehen, schließlich ist er selbst Polizist, und zwar einer, der zuvor beim Film gearbeitet hat.

Frank Rumpel

Marko Kilpi: Erfrorene Rosen (Jäätyneitä ruusuja, 2007). Roman.
Aus dem Finnischen von Gabriele Schrey-Vasara.
Dortmund: Grafit 2010. 284 Seiten. 18,90 Euro.