Hart und rasant
– Sinnvolle Kriminalliteratur braucht gesellschaftliche Spannungsfelder, um sich entfalten zu können. Deswegen ist Afrika ein (auch) kriminalliterarisch so interessanter und kreativer Kontinent. Zum Beispiel Kenia. Dort spielt Mukoma wa Ngugis zweiter Roman „Black Star Nairobi“. Perfekt ist das Buch nicht, aber es verdient jede Aufmerksamkeit. Eine Rezension von Frank Rumpel.
Die kenianischen Präsidentschaftswahlen 2007 liefern den Hintergrund zu Mukoma wa Ngugis zweitem Kriminalroman „Black Star Nairobi“. Damals war dem amtierenden Präsident massive Wahlmanipulation vorgeworfen worden. Es kam zu Unruhen und Übergriffen zwischen Angehörigen der beiden großen Volksgruppen. Rund 1000 Menschen starben, über eine halbe Million Leute flohen.
Kurz vor der Wahl setzt wa Ngugis Geschichte ein. Reiste sein Protagonist, der schwarze US-Cop Ishmael Forfona im ersten Band „Nairobi Heat“ noch von Wisconsin für eine Ermittlung nach Kenia, lebt er inzwischen in Ostafrika und betreibt zusammen mit seinem Geschäftspartner Tom Odhambo, der nur O genannt wird, in Nairobi die Detektei „Black Star“. Die beiden ermitteln im Fall eines erschossenen US-Amerikaners. Tags darauf explodiert in einem exklusiven Hotel eine Bombe. Das CIA-Büro Nairobi geht von einem islamistischen Anschlag aus. Daran glauben die beiden Detektive keinen Moment und wirbeln bei ihren Ermittlungen so viel Staub auf, dass sie selbst in die Schusslinie geraten. Os Frau Mary stirbt. Um ihren Mörder zu finden, machen sie sich über Mexiko auf den Weg in die USA und kommen dort einer Organisation einflussreicher, weißer Männer auf die Spur, die beschlossen haben, Afrika mit radikalen Mitteln neu zu gestalten.
Der gute Wille der Leser
Mukoma Wa Ngugi – Sohn des bekannten kenianischen Autors Ngugi wa Thiong’o, der seit Jahren heiß gehandelter Kandidat für den Literaturnobelpreis ist – setzt wie schon in seinem Debüt auf Action. Es ist eine harte, rasante Geschichte über zynische Weltverbesserer und strategische Interessen an instabilen Verhältnissen. Doch vor allem geht es um die auf vielen Ebenen mitlaufende Frage nach der eigenen Identität – nicht nur des Protagonisten. Der fühlte sich in den USA nie richtig zu Hause, bleibt aber auch in Kenia häufig ein Fremder. Der Autor kennt beide Seiten. Er ist in den USA geboren, in Kenia aufgewachsen, ging dann fürs Studium zurück in die Staaten, wo er inzwischen Literatur an der Cornell-University unterrichtet.
Wa Ngugi erzählt in einem lakonischen Ton, der allerdings nicht so ganz zum reflektierten Protagonisten passen will. Das wirkt gelegentlich unfreiwillig komisch. Zudem appelliert wa Ngugi mit manch ungelenker Wendung, manch unwahrscheinlichem Detail reichlich an den guten Willen seiner Leser, diese oder jene Volte mitzumachen. Aber er schafft dann doch immer wieder die Kurve, fängt die Geschichte mit fein beobachteten und konzentriert erzählten Passagen auf und lässt seinen Ich-Erzähler am Ende unerwartet selbstkritisch, mit sich und den herrschenden Verhältnissen hadernd zurück.
Frank Rumpel
Mukoma wa Ngugi: Black Star Nairobi (Black Star Nairobi, 2013). Roman. Aus dem amerikanischen Englisch von Rainer Nitsche und Niko Fröba. Berlin: Transit-Verlag 2015. 252 Seiten. 19,80 Euro. Verlagsinformationen zum Buch. Mehr zum Autor. Autorenfoto: © Transit Verlag. Zu Frank Rumpels Homepage.