Geschrieben am 8. Juli 2007 von für Bücher, Crimemag

Pierre Emme: Killerspiele

Die Kunst des Mordens

Pierre Emme ist in Killerspiele einem mörderischen Wettbewerb auf der Spur. Und der kennt nur einen Sieger: Den vermeintlich perfekten Mörder.

Vom perfekten Mord träumen kaltblütige Killer und kreative Krimiautoren. Nichts befriedigt diese beiden Berufsgruppen mehr als ein Verbrechen, das für niemanden zu lösen ist. Sowohl Killer als auch Krimiautoren wollen es nämlich den realen wie fiktiven Kommissaren so schwer wie möglich machen. Vertrackter wird die Sache, wenn die Killer den Krimiautoren ihre erfundenen Tötungsmethoden klauen und in die Tat umsetzen. Und genau das ist im fünften Kriminalroman des promovierten Juristen Pierre Emme der „Fall“.

Dem Wiener Literarkriminologen Max Palinski ist nämlich das noch unveröffentlichte Manuskript seines neuesten Kriminalromans abhanden gekommen. Und wie es der vom Autor herbeigeschriebene Zufall will, hat sich ein Profikiller davon prompt anregen lassen und mithilfe von Palinskis Fiktionen einen Mord als Selbstmord inszeniert. Nicht, weil er irgendetwas gegen das vermögende Opfer gehabt oder von ihm etwas gewollt hätte. Nein, sein Motiv war quasi ein künstlerisch-professionelles: Er wollte einfach nur die europäische Entausscheidung für die „Weltmeisterschaft der Killer“ in Las Vegas gewinnen.

Zynische Tatmotive

Solch ein ebenso zynisches wie ungewöhnliches Motiv macht es Hauptkommissar Anselm Wiegele natürlich nicht gerade leichter, den oder die Mörder zu finden. Selbstverständlich wird zuerst nach den üblichen Verdächtigen im Umfeld des Toten gesucht. Aber dort ist nichts weiter zu finden, als eine verstörte italienische Haushälterin und eine geschwängerte Schweizer Geliebte. Aber glücklicherweise hinterlassen auch die perfektesten Mörder ihre Spuren. Und genau die weiß der in die Bodensee-Idylle strafversetzte angesichts erst nach einem Anschlag auf seinen Assistenten und der Entführung seiner heimlichen Herzensdame zu deuten. Natürlich hilft ihm sein alter Freund Palinski kräftig, der ohne es zu wissen, gute Kontakte zu einem der Drahtzieher dieser obskuren Olympiade unterhält.

Auf all diesen verschlungenen Pfaden begleitet Emme den Leser mit austriakischem Witz und Sinn für ausgleichende, wenn auch nicht ganz legale Gerechtigkeit. Dass bei diesem Fall das persönliche Umfeld des Kriminalisten mehr oder minder direkt in die tödlichen Geschehnisse verwickelt ist, erleichtert zwar die Aufklärung des Falls. Wirkt aber fast ebenso unglaubwürdig wie der erdachte Killerwettkampf. Letzteres ist aber schöne Idee, die ein philosophisch geschulter Krimiautor wie Heinrich Steinfest sicher geistreicher zu Ende gesponnen hätte. Emme hingegen zieht aus diesem Fall das schlichte Fazit, dass es auf dieser Welt weder perfekte Morde noch eine perfekte Verbrechensaufklärung gibt.

Max Palinski fragt sich am Ende, „welche Verantwortung ein Autor eigentlich für sein Tun, für durch seine Fantasien inspirierte oder sogar ausgelöste Verbrechen und ihre Folgen zu übernehmen“ habe. Keine, versteht sich im juristischen Sinne. Er ist vielmehr dafür verantwortlich, den Leser mit seinem „Tun“ zu unterhalten. Und genau das hat Emme respektive Paliniski im Großen und Ganzen auch geschafft.

Jörg von Bilavsky

Pierre Emme: Killerspiele. Gmeiner Verlag 2007. 278 Seiten. 9,90 Euro.