Barockgedichte
Andreas Gryphius, alter Stich. "Was Augen sehn, ist nichts. Wenn wir die Augen schließen, dann werden wir viel mehr, ja alles sehn und wissen."
Peter Urban-Halle bespricht im Deutschlandradio eine gerade bei Reclam und wieder von Volker Meid betreute Anthologie Barockgedichte:
„Wer einen überladenen und verschnörkelten Text charakterisieren will, greift gern zum Wörtchen "barock". Damit scheint alles gesagt, besonders das Geschraubte und Schwülstige ist damit gemeint. Tatsächlich kann die Barocklyrik emphatisch, doch auch analytisch sein. Was die Barockzeit, die das ganze 17. Jahrhundert über währt, aber vor allem kennzeichnet, ist die Authentizität des Wortes, Leben und Werk des jeweiligen Dichters bilden eine größtmögliche Einheit. Das liegt daran, dass die Barockdichtung mit einem der längsten und grausamsten Kriege der Weltgeschichte, dem Dreißigjährigen Krieg (1618-48), untrennbar verbunden ist.“
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Der Barockdichter Andreas Gryphius, sagte einmal eine prominente Literaturkritikerin, kann nur fortissimo und nur die langsamen Tempi, das aber immer höchst eindrucksvoll. Andere hingegen können tänzeln, wie Martin Opitz oder Hofmannswaldau, wieder anderen gelingt eine Gedankenlyrik von fast Brechtschem Talent, Liedlyrik, die man bis heute singt, oder gar konkrete Poesie in Bildgedichten. In fast keiner anderen Epoche der deutschen Literaturgeschichte hat das lyrische Schreiben eine solche Blüte erlebt wie in der Barockzeit – die ja nun, traumatisiert vom Dreißigjährigen Krieg und seinen Folgen, gerade als »schlechte Zeit für Lyrik« gilt. Die bewusst schön, ja gewissermaßen kulinarisch angelegte Anthologie gibt von dieser Blütezeit vor dunklem Hintergrund ein vielfältiges und reizvolles Bild.
Das Spiel der Zeit. Deutsche Barockgedichte. Herausgegeben von Volker Meid. Reclam Bibliothek, Stuttgart 2015
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