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Ist die Prosa von Fr. Mayröcker übersetzbar, oder wie kann man die „Inklination zum triefenden Schreiben“ übertragen?
Die Prosa Fr. Mayröckers ist simpel und vielschichtig, anspruchslos und assoziationsreich. Wenn man einen Prosatext dieser Autorin in eine andere Sprache übertragen will, muss man vor allem die Verdrängung der Narration beachten. Statt einer Erzählung entfalten sich hier die auffallend-prägnanten Motive, die übersensitiven Bewusstseinsinhalte oder, anders formuliert, die Texte Mayröckers sind von einer allmächtigen „Inklination zum triefenden Schreiben“ besessen.
Bisera Dakova,
Sofia, im September 2014
Textgrundlage für die Diskussionen im Workshop war der letzte Abschnitt aus dem Mayröckers Ich sitze nur GRAUSAM da, (Suhrkamp 2012, S. 138–141).
Angesprochene Themen umfassten: die Wirkung der sprachlichen Unterschiede und der grammatikalischen Kategorien auf eine mögliche Übersetzung: Dimensionen der Differenz; Friederike Mayröckers Orthographie, phonetische Ähnlichkeiten und „Wortfallen“, sowie ihre spezifische Syntax; die „eigensinnigen“ Sätze: Absätze und Fragmente; das Zerrhafte und das Einheitliche bei Mayröckers Prosa; Kulturverweise und Authentizität.
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Bisera Dakova, geb. 1966 in Gabrovnitza, Bulgarien. Autorin, Übersetzerin und Lektorin. Studium der bulgarischen Philologie an der St.-Kliment-Ohridski-Universität Sofia. Seit 2003 wissenschaftliche Mitarbeiterin im Institut für Literatur an der Bulgarischen Akademie der Wissenschaften. Seit 2006 Gastlektorin für Bulgarisch und bulgarische Literatur am Institut für Slavistik der Universität Wien. Veröffentlungen (Auswahl): Der unanthologische Trajanov. Die getilgte Dekadenz. Über die Verwandlungen der poetischen Sprache (2009), Die bulgarische Literatur der Moderne im europäischen Kontext: Zwischen Emanzipation und Selbststigmatisierung (2013, Mithg.)