Anekdote 86
Pepsi will Pep weg
... oder: Ein hipper Brauseproduzent streitet mit einem Giganten und ein Keksfabrikant macht es von Anfang an richtig
Ein Deutscher und zwei Mallorquiner starteten im Jahr 2014 die »Lemon Factory« und warfen eine hippe Zitronenbrause namens »Pep Lemon« auf den Markt, erzeugt mit mallorquinischen Zitronen und handwerklichen Produktionsmethoden. Das Ziel: den Obstbauern der Insel eine neue Absatzmöglichkeit und global agierenden Brausegiganten die Stirn zu bieten, es lebe das lokale Produkt. Pep Lemon wurde vor allem in hippen Lokalen rasch akzeptiert, und bald kam das Gründertrio auf die Idee, auch eine insulare Cola herzustellen, »für alle, die keine Lust mehr auf Großkonzerne und Chemie haben«, wie Mitgründer Christoph Hafner in einem Presseinterview erklärte. Der Geschmack der neuen Patriotenbrause wurde unter anderem im Rahmen eines großen Probeverkostens gestaltet, zu den Ingredienzen zählte das auf Mallorca allgegenwärtige Johannisbrot.
So entstand Pep Cola und nicht eine Woche nach dem Launch gab es schon Zoff: Der Großkonzern Pepsi Cola setzte seine Rechtsanwälte in Marsch, weil Pep Cola der eigenen Marke »zu ähnlich« sei und somit Patentrechte verletze. Das Argument, Pep sei ein typisch mallorquinischer Name (Kurzform für Josep), zog nicht und die spanische Patentbehörde zwang das Startup-Unternehmen, den Namen »Pep Cola« aus dem Verkehr zu ziehen. Seither heißt die Insel-Cola nur noch »Pep«, und sogar diesen Namen musste man am Ende einstampfen. Persönliche Anmerkung: Wer eine Pepsi und ein Pep Cola nebeneinander sieht, fragt sich schon, für wie vertrottelt die Pepsi-Macher ihre eigene Kundschaft halten müssen, um eine Verwechslung zu fürchten. Oder fürchten die Pepsier im Ernst einen weltweiten Siegeszug der insularen Kultbrause, Slogan: »Feim llimonada amb llimones« (Wir machen Zitronenlimonade mit Zitronen)? Letzter Stand bei Redaktionsschluss: Pep nennt sich noch immer Pep und geht in Berufung, aber die Hoffnung auf Erfolg ist gering.
Von Anfang an richtig gemacht hat es die Familie Domenech aus Inca, die seit Mitte des 19. Jahrhunderts das traditionelle Schiffsgebäck zu allgemein beliebten Salzkeksen gemacht hat und in alle Haushalte der Insel gelangt war. Als die US-amerikanische Schauspielerin Grace Kelly und Fürst Rainier von Monaco bei ihren Flitterwochen im April 1956 einen Aufenthalt auf Mallorca einlegten, war der damalige Firmenchef derart beeindruckt von der eleganten Schönheit der Besucherin, dass er prompt beschloss, sein Keksmarke von nun an »Quely« zu nennen und zwar in dieser Schreibweise, um jeglichen Copyright-Problemen von vorneherein aus dem Weg zu gehen. Quely ist heute einer der gesündesten und innovativsten Lebensmittel-Hersteller der Insel, die Produkte werden nicht nur auf die spanische Halbinsel, sondern bis nach China exportiert wenn auch Mallorca der wichtigste Absatzmarkt bleibt. Die zentrale Produktionsstätte steht gleich neben dem Bahnhof von Inca.
Hintergrund
Pep Cola ist nicht die erste insulare Cola. Bereits 1929 erfand eine Unternehmerfamilie in Llucmajor eine schwarze süße Brause mit Ananas-Aroma, die »Pinya« genannt wurde. Anders als heute war diese Insel-Cola wesentlich billiger als das teure Importprodukt Coca Cola, das sich seinerzeit nur Wohlhabende leisten konnten. Selbst die weit billigere Inselbrause wurde in den kargen 30er und 40er Jahren nur für besondere Anlässe und Sonntage gekauft. Doch bald boomte die Branche: In den 60er Jahren produzierten auf der Insel mehr als 70 Hersteller unterschiedliche Brausegetränke, quasi jedes Dorf hatte seine eigene Limonade. Die Herstellerfirma von Pinya wurde gekauft, aber die Ur-Insel-Cola ist nach einigen Veränderungen seit 1999 unter einem ähnlichen Namen (»Pinya Miret«) und mit der originalen Rezeptur gebrannter Zucker und Ananas-Aroma wieder auf dem Markt.
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