Englisch erobert die Welt – heisst es immer wieder, etwa wenn es um das Verhaeltnis von Sprache und Identitaet geht. Speziell in Deutschland. Denglish und McDeutsch werden als Symptome herangezogen, um das invasorisch-imperialistische Moment der englischen Sprache zu illustrieren. weiterlesen »
Mit der 2005 in der Shedhalle Zuerich begonnenen Ausstellungsserie From/To Europe
gehe ich in Kooperation mit zahlreichen KollegInnen den kolonialen Wurzeln Europas im Verhaeltnis zu den Staedten und Regionen Afrikas nach. Die europaeischen Kolonialmaechte ueberformten den Kontinent und dessen soziale Strukturen massiv, brutal und oftmals moerderisch, haben sich hierdurch aber zugleich selbst massiv gewandelt. weiterlesen »
Unangenehme Situationen, in die das Leben mich schickt, empfehlen eventuell erhoehte Kompromissbereitschaft oder physisch schmerzhaften Handlungsbedarf; aber wenn mich mein Gedaechtnis nicht straft, hat Lesen wenn ueberhaupt dann nur scheinbar einen Zwangscharakter. Pflichtlektuere zum Studium? Aber dann waere das Lernen selber die zu nennende unangenehme Situation. Angestrengte Buchstabenschau zur konzentrierten Begegnungsvermeidung mit einem offensichtlich gespraechsinteressierten Fremden irgendwo zwischen Bushaltestelle und alleine in der Bar? Nein, kein Lesezwang. weiterlesen »
Als der Schweizer Autor und Sprachspieler Beat Gloor sein Staatsexamen schrieb, stellte er sich einen bestimmten Wortklang vor. Ein Gefuege aus Satzrhythmen und Silbentonhoehen tanzte vor seinen inneren Ohren. Als wir gemeinsam mit vier Sprechern eine Hoerbuchadaption aus seinem Buch aufnahmen, veraenderten sich fuer Beat Gloor die Texte, denen nun neue Stimmen Klanggestalt und Timing verliehen. Es waren immer noch seine Satzkinder, nur lebten sie fortan ihr eigenes Leben in den Mundhoehlen der Sprecher. In der Hoerbuchkultur kommt Literatur den Lesern wieder im Fluss entgegen. weiterlesen »
Zuerst habe ich nur mitgesummt. Klar, waren es Worte, die, mit fetzigem Diskobeat unterlegt, aus den Boxen des Schallplattenspielers drangen. Aber ich war erst drei und konnte noch kein Englisch. Ich wollte immer wieder den Song mit dem Klops
hoeren, so eine Legende meiner Mutter. Es war ein Liebeslied von den Bee Gees, das Wort Klops hatte ich rausgehoert, weil sie immer von close another door
sangen. weiterlesen »
Ich stand auf der Zugspitze und wartete auf ein Erlebnis wie auf ein Wunder. Aber der Schneesturm blieb aus. Warum war ich gefluechtet? Warum war ich hier, statt mit den anderen? Warum hatte ich den Alten bedroht, statt mir mehr von ihm erzaehlen zu lassen? Es kam mir vor, als haette ich etwas versaeumt. Und als versaeumte ich noch immer etwas. Mit jeder falschen Bewegung.
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Kann man fuer Abstraktes offen sein? Das Bild will mir nicht in den Kopf. Mein aeltester Freund ist mein aelterer Bruder. Wir haben zusammen Schach gespielt. Neben dem Schachbrett lag Marx’ Manifest der Kommunistischen Partei. Das las mein Bruder zu der Zeit. Er hat mir erklaert, was ein Gambit ist. Gambit nennt man eine Eroeffnung, bei der man einen Bauer opfert, um einen Stellungsvorteil zu erlangen. Es kann recht gefaehrlich werden, das Opfer anzunehmen. Das zu verstehen, war fuer mich damals anfangs eine recht abstrakte Angelegenheit. Und was hatte es mit dem Manifest auf sich? Das wollte mein Bruder mir ebenfalls erklaeren. Seine fortgesetzten Erklaerungsversuche hatten den Effekt, dass ich Marx ueber Jahre hinweg immer sehr skeptisch gegenueberstand und lange nicht lesen wollte. weiterlesen »
Lesen ist gestorben. Es war ein schleichender Tod. Gern erinnere ich mich zurueck an die Tage als ich noch jedes Buch mit der freudigen Erwartung aufschlug, nach dessen Ende nicht mehr dieselbe zu sein. Die Tage als Buecher noch meine Welt veraendern konnten. Als ich die Seiten leer las und ich meinen fantasieschweren Kopf am Ende mit Schwindel hob. Damals gab es nur die Buchstaben und mich, das Bewusstsein vergehender Zeit prallte am Buchruecken ab. Man koennte es Lesen 1.0. nennen. Diese Art von Lesen ist mir heute fast nicht mehr zugaenglich. Im Prinzip lese ich immer noch – sogar mehr als frueher. weiterlesen »
Globalisierung bezeichnet laengst nicht mehr die Veraenderungen der internationalen Finanzstroeme, des Warenaustauschs, der Verlagerung von Produktion, der Architektur, Umweltzerstoerung und dem Artensterben. Sie hat das taegliche Leben erfasst und veraendert jeden einzelnen. Unser Ich ist ein anderes je nach dem Ort, an dem wir leben und uns erleben, anders in der Kleinstadt, in New York, auf der Reise, auf der Flucht oder in der Ortlosigkeit des world wide web. In dieser Ortlosigkeit schreiben und lesen jede Minute Hunderte von Millionen. Die Globalisierung hat deren Sprache und das Gespraech erfasst. weiterlesen »
Was derzeit an den Finanzmaerkten geschieht, uebersteigt das Fassungsvermoegen aller beteiligten Gehirne weltweit. Seltsamerweise habe ich mich im letzten Winter in einer Art sechswoechigen Crashkurs in Sachen Finanzsysteme weiterbilden lassen. Freunde von mir, die seit zehn Jahren als selbstaendige Spekulanten viel Geld verdient haben, waren der Meinung, ich sei der Richtige fuer solch eine Beschaeftigung. Nun, Spekulant bin ich nicht geworden, habe aber viel gelernt und seither intensiv weiterverfolgt was geschah. weiterlesen »
Provokativ war dieser Opernabend nicht. Waehrend einige Premierenbesucher drei Stunden andauernd und heftig gebuht haben sollen, waren schon in der zweiten Vorstellung alle Zwischenrufe verstummt. Die Kritik in den Feuilletons ging weit auseinander: eine Radikale Sicht auf einen Klassiker
bescheinigte der Wiener Kurier der Inszenierung, der Muenchner Merkur sah dagegen statt Originalitaet nur Zitateraten auf der Schaedelstaette
. Auf der riesigen Muenchner Opernbuehne haben Kusej und sein Buehnenbildner Martin Zehetgruber ein unuebersehbares Zeichen gesetzt: 14.000 Totenschaedel sind zu einer huegeligen Landschaft aufgeschichtet. Auf ihr bewegen sich die Saenger und der Chor, wenn sie nicht in den intimeren Szenen an der Rampe singen. weiterlesen »
Der Kettenraucher ist ja jemand, der mit der Glut der letzten Kippe gleich die naechste anzuendet. So ist es bei mir mit den Buechern. Ich bin eine Kettenleserin. Noch bevor ich die letzte Seite eines Buches gelesen habe, liegt gleich das naechste Exemplar bereit. Ich mag es eigentlich nicht, Buecher nur zu lesen, um mir die Zeit zu vertreiben, wie man es zum Beispiel in der Bahn tut oder im Urlaub. Da lese ich lieber eine Zeitung und surfe ein bisschen auf der Oberflaeche des Informationswusels. Buecher lese ich gern im Bett. weiterlesen »