• Wir-Welten anzetteln

    Interessen zu haben, die man mit anderen teilt, ist keine notwendige Bedingung fuer Freundschaften. Vielmehr ist es ein kaum definitionssprachlich fassbares Vorhandensein jener wunderhaften Anziehungskraft, die vertrauensbildende Konnexe etabliert. Und hilfreich dabei scheint mir gerade zu sein, dass man nicht die gleichen Interessen sondern Interesse am Je-Anderen hat. Zweck- oder Interessensgemeinschaften sind eher keine Formel, mittels derer ich das Signifikat von Freundschaften dechiffrieren wollen wuerde – deformiert sie das Phaenomen doch in jene heute so beliebte kalkulatorische Dimension hinein, der sich Freundschaften so herrlich entziehen koennen. weiterlesen »

  • Im Wortsinn

    Film als Kunst registriere ich den Buchtitel, aber lesen will ich das Ganze nicht. Theoretisches und philosophisches Schreiben ist dem Kunstschaffen nur bedingt zutraeglich – mit Ausnahme des Kuenstlerphilosophierens, ueber das sich eine Ausseinandersetzung zum kuenstlerischen Arbeiten entwickeln laesst. Texte von Allan Kaprow oder Richard Serra empfinde ich als weitaus sinnstiftender als jene von professionellen Denkern und erst recht von den sogenannten Medientheoretikern, die ich dennoch immer wieder zur Hand nehme, um von ihnen kunstpraxisfoerdernde Denkinitiativen zu erhalten. weiterlesen »

  • Synapsenkrieg

    Viele Kuenstler, Filmemacher, Schriftsteller und Architekten haben sich in letzter Zeit an Kim Jong Ils Nordkorea abgearbeitet. Sean Snyder zum Beispiel, der Querverbindungen zwischen Pjoengjang und Bukarest aufgezeigt hat. Oder der Schriftsteller Christian Kracht und der Fotograf Armin Linke, die selbst hingefahren sind. weiterlesen »

  • Globalisierungskritik, wie weiter? Antwort #64

    Der Berliner Brecht war gleichzeitig in New York und Moskau zu Hause, die Globalisierung, von der er traeumte nannte sich damals noch >Weltrevolution<:>Willkommen, Arbeiter!< las er aus dem Westen kommend auf einem Schild Fahrend Ueber Die Grenze Der Union, auf der Rueckreise las er die Rueckseite: Die Revolution/ Bricht alle Grenzen. Dass er, der weise schwieg zu den Moskauer Prozessen in den 30er Jahren, den trotzkistischen Traum von der permanenten Revolution nicht aufgegeben hatte, wissen wir heute nur durch Heiner Mueller: Das FATZER-Fragment folgte der Logik der kleinsten Zelle, die irgendwo den Aufstand probt bis zum notwendigen Untergang, dabei jedoch Zeichen setzend: Was zaehlt ist das Beispiel, der Tod bedeutet nichts. weiterlesen »

  • Express-Expedition

    Der Zug, mit dem man drei Mal taeglich von Berlin nach Warschau und umgekehrt fahren kann, ist ohne Zweifel ein kulturelles und soziales Phaenomen. Hier trifft man immer Leute, mit denen man dann Gespraeche fuehrt, ob man gerade dazu Lust hat oder nicht. Die Fahrt dauert sechs Stunden und ganz oft auch laenger; der Zug haelt in neun unterschiedlichen Orten; eine staendige Menschenrotation wird also zu einem Teil der Reise. Es ist immer ein Abenteuer; schlafen ist meistens ausgeschlossen, da die ganze Zeit irgendwas passiert. weiterlesen »

  • Offene Kunst und ihre Bratwurstigkeit

    Das von mir hochgeschaetzte musikalische Feuilleton der Berliner Zeitung wartet in all den zahlreichen Besprechungen von musikalischen Ereignissen immer wieder einmal auch mit noch tiefergehenden Erlaeuterungen auf. Peter Uehling und Wolfgang Fuhrmann sind wunderbar praezise in ihren Berichten und ich lese sie immer gern – weil ich die Konzerte leider selten selbst besuchen kann. Zur “Oper fuer alle” in Berlin macht sich Uehling einige Gedanken, denen ich in fast allen Punkten zustimme. Sein Kernsatz: “Fuer die Kultur sind solche abgespeckten Vermittlungsformen am Ende ruinoeser als geringere Saal-Auslastungen, und man meint die Folgen schon am Drum und Dran des Konzerts ablesen zu koennen.” weiterlesen »

  • Die Baeren kommen

    Das Meer glitzert in der Morgensonne. Die Wellen brechen sich, weisser Schaum saeumt ihre Raender. Postkartenfarben. Sanft setzt ein Technobeat ein. Sommer! Uno, dos, tres, cuatro. Vier durchtrainierte Maenner entsteigen dem Meer, nur ihre Silhouetten sind zu erkennen. Der Beat wird schneller. Schnitt. Wir sehen die vier Typen tanzen. Sie tragen pastellfarbene Poloshirts zu weissen Hosen. Ihre Tanzschritte sind synchron und sehr einfach. Ach, nur irgendein Boygroup-Video. Das stimmt, doch oh Schreck, diese Boygroup besteht aus echten Maennern und sie haben echte Haare – ueberall. weiterlesen »

  • Vereinzelung als Notwendigkeit

    Heute vor genau zwei Jahren starb Joachim Fest. Letzter – und vielleicht einziger? – grosser Bildungsbuerger und Konserva- tiver der Bundesrepublik, wie der Historiker, Journalist, Publizist und Autor nicht erst nach seinem Tod quer durch die Feuilletons genannt wurde. Doch was bedeutet das Werk dieses Historikers, der den Deutschen neben vielen anderen Werken die wohl wichtigste Hitlerbiographie ueberhaupt beschert hat? Es liesse sich mit Sicherheit viel ueber das Leben und Wirken von Joachim C. Fest schreiben, ein genaueres Hinsehen lohnt sich jedoch bei seiner letzten Veroeffentli- chung: Ich nicht. Erinnerungen an eine Kindheit und Jugend. weiterlesen »

  • Sozialistische Cowboys

    Gemeinschaftsgefuehl ist eine schwierige Sache. Ich wollte eigentlich immer Fussballer werden. Nur muss man dazu guter Fussballer sein. Und das war ich nicht. Im Gegenteil. Ich war richtig schlecht. Ich hatte nicht verstanden, dass nicht der Ball zu mir kommt, sondern ich zum Ball gehen muss. Und wenn man kein guter Fussballer ist, wird man beim Tip-Top auch nicht als Erster ausgewaehlt. Trotzdem kenne ich kein so intensives Gefuehl von Gemeinschaft innerhalb einer Gruppe, wie das als Kind auf dem Fussballplatz. Spaeter, in der Pubertaet, sublimierte sich der Wunsch nach Gemeinschaft in kulturellem Interesse. Gemeinsam mit Freunden malte ich. Ich weiss nicht mehr, ob ich Architekt und Kuenstler oder Architekt oder Kuenstler werden wollte. Aber Kunst und Architektur, das war es. weiterlesen »

  • Eingebildete Schwaben

    Es ist wieder passiert und es ist ein Fressen fuer die Presse. Wieder konnte man im Prenzlauer Berg auf Plakaten lesen, “Schwaben” seien im Berliner Osten von irgendwem nicht erwuenscht. Waren die Plakate vor zwei Jahren noch fast liebevoll designt, sind die Versionen dieser Saison um einiges platter. weiterlesen »

  • Welt im Werden

    Wozu sich mit dem Ungeborenen beschaeftigen, wo man ganz offensichtlich bereits geboren ist? fragt Andrea Christoph-Gaugusch im Vorwort ihres Buches und verweist auf einen blinden Fleck in unserer Welt, deren Fundamente niemals hinter das Gegebene zu verweisen scheinen. In ihrer Philosophie eines Ungeborenen schlaegt die Psychologin deshalb eine Verschiebung vor: Die Welt als Ungeborene, Ungeschaffene, Ungemachte zu denken. weiterlesen »

  • Globalisierungskritik, wie weiter? Antwort #63

    Die Auswirkungen der neuen neoliberalen Weltwirtschaftsordnung auf die Selbstdarstellung von deren ersten Handelnden, den monopolkapitalistischen Grosskonzernen, hat Oliver Ressler in >The global 500< kritisch untersucht. weiterlesen »